Apple Vision Pro: Der erste «räumliche Computer» des Mac-Herstellers
Anlässlich der «WWDC23»-Eröffnungskeynote hat Apple heute mit dem «Vision Pro» eine neue Produkte-Kategorie für das Unternehmen lanciert: eine «gänzlich neue AR-Plattform mit einem revolutionären neuen Produkt». Wie im Vorfeld erwartet, handelt es sich beim neuen Gerät um ein Headset – ein «Spatial Computer», «räumlicher Computer», so Apple.
Inhaltsverzeichnis
Von AR zu VR
Steuerung mit den Augen, den Händen und der Stimme
Interaktion mit anderen Personen
Nutzung mit Tastatur, Maus – und als Bildschirm eines Mac
FaceTime mit digitalem Avatar
Fotos und Videos
Apps und Games
Design
Am Strom-Kabel oder externer Batterie
Technologisch Eindrücklich
Optic ID
Kosten und Verfügbarkeit
Mit viel Pathos und Stolz wurde Vision Pro heute vorgestellt – fast 45 Minuten räumte Apple von der zweistündigen Keynote dem neuen Gerät ein. Zu Wort kam eine Vielzahl an Apple-Managern. Den Anfang machte Tim Cook, Apples CEO. Dieser meinte zu seinem One more thing, der heutige Tag markiere «den Beginn einer neuen Ära für Computer». Er führte weiter aus: «So wie der Mac das ‹Personal Computing› und das iPhone das ‹Mobile Computing› eingeführt hat, so führt Apple Vision Pro das ‹Spatial Computing› ein.» Cook zufolge sei die neue Plattform nun «der Begin einer Reise hin zu einer neuen Dimension für leistungsstarke persönliche Technologie».
In der Folge wurde «Vision Pro» als ein «revolutionärer räumlicher Computer» vorgestellt, «der digitale Inhalte nahtlos mit der physischen Welt verbindet und es den Nutzern ermöglicht, präsent und mit anderen verbunden zu bleiben».
Wie Apple informiert, schafft Vision Pro «eine unendliche Leinwand für Anwendungen, die über die Grenzen eines herkömmlichen Bildschirms hinausgeht» und biete «eine vollständig drei-dimensionale Benutzeroberfläche, die durch die natürlichsten und intuitivsten Eingaben gesteuert» werde – mit den Augen, den Händen und der Stimme der nutzenden Person.
Betrieben wird die Brille mit dem neuen Betriebssystem «visionOS», welches auf den Komponenten und Erfahrungen aus «Dekaden von macOS, iOS und iPadOS» aufbaut. Gemäss Apple ist «visionOS» das «weltweit erste räumliche Betriebssystem» und von Grund auf für dieses neue Gerät und dessen Möglichkeiten entwickelt worden.
Das neue System ermögliche es der nutzenden Person, «mit digitalen Inhalten so zu interagieren, als wären diese physisch in ihrem Raum vorhanden». Wird die Brille aufgesetzt, wird die reale umgebende Welt gezeigt – und die virtuellen Komponenten des Systems in diese hinein projiziert. Dazu hat Apple die «familiäre, aber revolutionäre» Benutzeroberfläche so konzipiert, dass sie sich «wirklich präsent im dich umgebenden Raum anfühlt und aussieht». Jedes Element des Systems sei so gestaltet worden, dass sie «ein Gefühl von Physikalität vermitteln». «Sie haben Dimensionen, reagieren dynamisch auf Licht und werfen sogar Schatten in die reale Umgebung», so Alan Dye, Apples Human-Interface-Design-Chef. Dank dieser Eigenschaften könne die Grösse und die Distanz dieser Elemente in der projizierten Welt verstanden werden.
Die mit visionOS dargestellten Inhalte sind nicht auf einen bestimmen Bereich limitiert, sondern können «frei im Raum rund um dich herum» platziert werden und diesen dynamisch ausfüllen. Apps sollen so auf beliebige Grössen skaliert – bis zu einer Leinwand-Grösse von gefühlten 30 Metern (100 Fuss) – und überall im Raum um sich herum platziert werden können.
Von AR zu VR
Der Wechsel von Augmented Reality, also projizierten Objekten in der ansonsten weiterhin sichtbaren realen Welt, hin zur gänzlich von der Umwelt abgekappten Virtual Reality kann – Apple-typisch einfach – jederzeit über eine digitale Krone auf der Oberseite der Brille vollzogen werden. Durch das Drehen der Krone wechselt die sichtbare Umgebung von der Mitte aus vom realen Raum um die tragende Person herum zu einem virtuellen Raum. Als Beispiele wurden das Ufer eines Berg-Sees oder die Oberfläche des Mondes gezeigt – möglich sind hier aber beliebige andere Orte, der Kreativität schienen hier keine Grenzen gesetzt.
Eindrücklich demonstrierte Apple diesen Wechsel bei einer Person, die in einem Flugzeug sitzt. Ebendiese kann die ganze Umgebung und den Lärm einfach ausschalten und stattdessen einen Film (natürlich, falls vorhanden, auch in 3D) schauen, während der Raum um sie herum eine ruhige Sonnenuntergangs-Szenerie draussen in der Natur zeigt. Ebenfalls spannend: Mit der Brille ist sozusagen ein Open-Air-Kino-Feeling an einem Bergsee mit 30-Meter-Leinwand möglich – auch wenn man tatsächlich in einer Besenkammer sitzt.
Bob Iger, CEO von Disney, hatte ebenfalls einen Auftritt während der Keynote und versprach, dass dereinst erstklassige XR-Erlebnisse des Unterhaltungs-Riesen auf Vision Pro genossen werden können – dazu gehören unter anderem projizierte Umgebungs-Welten passend zum gerade geschauten Film. So sollen etwa Star-Wars-Inhalte von der Oberfläche eines entfernten Planeten dieses Universums geschaut werden können und Ähnliches.
Steuerung mit den Augen, den Händen und der Stimme
Gesteuert werden kann visionOS-Welt mit der Vision Pro ohne Controller oder sonstige zusätzliche Hardware – die Bedienung geschieht gänzlich über die Augen, die Hände und die Stimme.
Navigiert wird das System «einfach nur durch Schauen». Werden Icons oder Schaltflächen angeschaut, werden diese hervorgehoben und reagieren so auf die Augen. Um Elemente in der UI auszuwählen, muss einfach mit den Fingern zusammengetippt werden, und um zu scrollen, reicht ein sanftes Streichen der Finger. Diese Kombination zwischen den Augen und den Händen fühle sich «wie Magie» an, so Dye während der Keynote. Jede Geste sei dabei so gestaltet worden, dass sie «so subtil und natürlich wie möglich» ausgeführt werden können – man könne deshalb die Hände dort belassen, wo sie gerade am bequemsten sind, also etwa im Schoss ruhend oder auf dem Sofa aufliegend.
Durch die Stimme werde die Nutzung von visionOS noch natürlicher. Es soll etwa einfach auf ein Suchfeld geschaut und dann das Einzugebende diktiert werden können. Natürlich ist auch «Siri» mit von der Partie. Mit dem digitalen Assistenten können schnell Apps geöffnet oder geschlossen werden, Medien abgespielt oder andere Aktivitäten ausgeführt werden.
Interaktion mit anderen Personen
Bei der Vorstellung des neuen Headset meinte Tim Cook, Vision Pro sei das erste Apple-Produkt, «durch das man schaut, nicht auf das man schaut» – ganz Recht behält Cook dabei nicht, denn die Brille soll auch dann getragen werden können, wenn mit anderen Personen interagiert wird. Dazu zeigt ein Display auf der Aussenseite der Brille illuminiert die Augen der nutzenden Person – damit sollen natürliche Interaktionen mit einem Gegenüber auch dann möglich sein, wenn die Brille aufgesetzt ist. Apple nennt diese Abbildung der eigenen Augen «EyeSight».
Die Augen der die Vision Pro tragenden Person werden indes nicht immer angezeigt – wenn sich die Person gerade in einer App befindet, werden die Augen mit einem leichten blauen Schimmer überdeckt. Nabelt sich die Nutzerin oder der Nutzer mit Vision Pro kurzzeitig augenscheinlich gänzlich von der Umwelt ab, sind die Augen nicht, dafür eine bläuliche Wellen-Animation auf dem äusseren Bildschirm der Vision Pro sichtbar.
Falls sich im Mixed-Reality- oder im umfassenden Virtual-Reality-Zustand eine Person oder ein Haustier der tragenden Person nähert und mit ihr interagieren möchte, erkennt die Brille diese automatisch und macht sie auf der projizierten Fläche sichtbar, gleichzeitig werden die Augen auf dem Display eingeblendet. Damit wird verhindert, dass Vision-Pro-Tragende komplett aus ihrer Umwelt isoliert werden.
Nutzung mit Tastatur, Maus – und als Bildschirm eines Mac
Vision Pro kann nicht nur mit den Augen und Händen bedient werden, sondern auch via «Diktieren» oder über eine virtuelle Tastatur. Die Brille arbeitet gemäss Apple aber auch nahtlos mit Bluetooth-Eingabegeräten wie Tastaturen, Mäusen und Trackpads zusammen.
Und sehr spannend: visionOS erlaubt die kabellose Übernahme eines Mac-Bildschirms in den virtuellen Raum – dazu muss einfach nur kurz auf den Mac geschaut werden. Dies erlaubt jederzeit und überall einen «portablen, privaten 4K-Mac-Bildschirm».
FaceTime mit digitalem Avatar
Natürlich ebenfalls auf visionOS verfügbar ist Apples Video-Konferenz-App «FaceTime». Durch die Spatial-Audio-Lautsprecher wird die Tonausgabe der jeweiligen Gegenüber so im Raum platziert, dass sich die Konferenz «wahrlich räumlich» anfühlt.
Anderen Teilnehmenden von FaceTime-Anrufen wird von der Vision-Pro-tragenden Person ein digitaler Avatar angezeigt. Verglichen werden darf dies indes nicht mit einem Memoji, sondern der Avatar basiert auf dem tatsächlichen Aussehen der Person. Um diesen Avatar zu erstellen, wird bei der erstmaligen Einrichtung das Gesicht gescannt – während des FaceTime-Anrufes werden dann anhand der zahlreichen Kameras und Sensoren der Brille die Mimiken und Augenbewegungen aufgezeichnet und auf den digitalen Avatar projiziert.
Fotos und Videos
Panorama-Fotos werden mit Vision Pro um einen herum dargestellt – es wird so ermöglicht, das Foto wie in einem echten Panorama zu «begehen».
Mit der Brille können zudem Fotos und Videos aufgenommen werden – in 3D. Vision Pro sei die erste 3D-Kamera des Unternehmens, so Apple. Mit der Brille sollen so Ereignisse drei-dimensional und mit Spatial-Audio aufgenommen und wiedererlebt werden können. «Man hat das Gefühl, dass man sich in einen bestimmten Moment zurückversetzt fühlt.»
Die Aufnahme eines «Spatial Photo» oder «Spatial Video» geschieht ganz einfach über einen separaten Knopf auf der Oberseite der Vision Pro. Die EyeSight-Anzeige auf der Brille wird bei einer Aufnahme entsprechend verändert, sodass das Gegenüber bemerkt, wenn ein Bild oder ein Video aufgezeichnet wird.
Apps und Games
Neben den genannten Einsatzmöglichkeiten der Vision Pro wird das neue Headset bereits ab dem ersten Tag auch über 100 Spiele von Apples Spiele-Abodienst «Apple Arcade» unterstützen – inklusive Support für Game-Controller.
Weiter soll sich die Brille auch vorzüglich für Storytelling-Apps wie interaktive Bücher und dergleichen nutzen lassen.
Auch iPhone- und iPad-Apps können auf der Vision Pro genutzt werden und Apple wird einen eigenen App-Store für die Vision Pro lancieren, in welchem speziell für visionOS entwickelte Titel gelistet werden, sowie die kompatiblen Apps aus iOS und iPadOS.
Design
Das Äussere der Vision Pro präsentiert sich in etwa wie eine Skibrille. Die ganze Front des Headsets besteht aus einem einzigen Stück «drei-dimensional geformtem, laminiertem Glas».
Unmittelbar hinter diesem Glas versteckt sich der Bildschirm für «EyeSight» und eine ganze Palette an Kameras und Sensoren.
Oben an der Brille befinden sich der erwähnte Schaltknopf für «Spatial Photos/Videos» und die digitale Krone.
Durch breite Schlitze oben und eine perforierte Unterseite wird Luft für die Kühlung des Computers, Displays und restlichen Komponenten im Innern der Brille durchgeblasen – Apple zufolge sei die Lüftung «leise».
Das Kopf-Band und die Polster an der Brille können komfortabel individuell eingestellt und auch einfach ausgetauscht werden.
Für Weit- und Kurzsichtige können auch Korrektur-Gläser vor die zwei Augen-Displays eingesetzt werden – diese halten magnetisch und sind in Partnerschaft mit «Zeiss» entwickelt worden.
Am Strom-Kabel oder externer Batterie
Vision Pro ist kabelgebunden – heisst: genutzt werden kann das Headset direkt mit der Steckdose verbunden «den ganzen Tag lang» oder mit einer sehr kompakten Batterie (genug klein, um sie in der Hosentasche zu tragen) «bis zu zwei Stunden» unterwegs.
Dass die Batterie nicht auch in die Brille integriert ist, hat ihren Grund: damit muss das Gewicht der Batterie nicht auch auf dem Kopf mitgetragen werden, was die Nutzung der Brille komfortabler macht.
Wie schwer die Vision Pro ist, hat Apple indes noch nicht bekannt gegeben.
Technologisch Eindrücklich
Im Innern des neuen Apple-Headsets sind zwei Briefmarken-grosse «Ultra-Hochauflösende Displays» verbaut. Der Mac-Hersteller hat hierzu ein «micro OLED»-Display entwickelt, welches 64 Pixel auf der gleichen Fläche kombiniert, auf welchem beim hochauflösenden iPhone-Display 1 Pixel dargestellt wird. Die einzelnen Pixel sind nur gerade 7.5 Mikrometer klein – auch aus der sehr nahen Distanz zum Auge von diesen nicht mehr einzeln auszumachen. Zusammen zählen die beiden extrem hoch-auflösenden Bildschirme so 23 Millionen Pixel – mehr als je ein 4K-Fernseher pro Auge.
Egal, wohin man schaue, sehe man den Bildschirm, so Apple. Videos sollen so in 4K-Auflösung mit Wide Color (P3) und HDR dargestellt werden können. Feiner Text soll «super-scharf» aussehen – egal aus welchem Winkel betrachtet.
Das weiter oben bereits kurz erwähnte Audio-System unterstützt Spatial Audio («3D-Sound»). Es besteht aus einem Dual-Driver-System und ist in der Brille direkt bei den Ohren angebracht, sodass die tragende Person ganz gezielt beschallt werden kann. Das System unterstützt ausserdem «Personalized Spatial Audio (Personalisiertes 3D-Audio)», eine Funktion, die Apple erst vergangenen Herbst eingeführt hat.
Angetrieben wird die Mixed-Reality-Welt der Vision Pro mit dem leistungsfähigen «M2»-Chip, der erst vergangenes Jahr in den neueren Mac-Modellen eingeführt wurde und seither auch im iPad Pro Anwendung findet. Der M2 wird unterstützt von einem neuen «R1»-Chip, insbesondere die Daten der zahlreichen Kameras und Sensoren verwaltet – und neue Bilder innerhalb von 12 Millisekunden projiziert, achtmal schneller als ein Blinzeln.
Die Vision Pro verfügt über zwei Hauptkameras, je zwei nach vorne-unten und zwei nach unten gerichtete Kameras, zwei weiteren Kameras auf die Seiten, zwei Infrarot-Belichter, sowie ein separates TrueDepth-Kamera-System und ein LIDAR-Scanner auf der Vorderseite, sowie im Innern gegen die Augen je zwei Infrarot-Kameras und je einen Ring an winzigen LED um die Augen präzise verfolgen zu können.
Der M2 soll zusammen mit dem Ri dafür sorgen, dass «jedes Erlebnis sich so anfühlt, als fände es in Echtzeit vor den Augen der nutzenden Person statt».
Optic ID
Die IR-Kameras zum Auge hin im Innern der Vision Pro sorgen auch für Apples nächstes biometrisches Authentifizierung-Prozedere: «Optic ID» nutzt die individuellen Eigenschaften der Iris einer jeden Person, um diese im System anzumelden und für Aktivitäten zu autorisieren.
Daten über das Augen-Tracking wird übrigens nicht an Apps oder Webseiten weitergegeben. Die Verfolgung des persönlichen Blicks geschieht auf einem separaten Layer über der App-/Webseiten-Anzeige an sich. Einzig der Ort, an dem tatsächlich etwas angeklickt wird, wird an die App/Webseite weitergegeben – ganz so, wie dies bei Maus-Klicks auf einem Mac oder Taps auf dem iPhone ist.
Kosten und Verfügbarkeit
Das erste Apple-Headset erhältlich sein wird, werden noch einige Monate verstreichen, Apple hat es für «Anfang 2024» angekündigt. Es wird dann 3499 US-Dollar kosten und zum Start einzig in den USA über den Online-Store und die Retail-Stores des Unternehmens verfügbar sein. Im Verlaufe des kommenden Jahres soll «Apple Vision Pro» auch «in weiteren Ländern» lanciert werden.
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