Apples Wandel ist in vollem Gange
Von der iPhone-Abhängigkeit in die iPhone-Unabhängigkeit
Kürzlich präsentierte Apple die jüngsten Geschäftszahlen. Einmal mehr sind die Zahlen schwindelerregend und die Ergebnisse des Mac-Herstellers müssen mit Superlativen beschrieben werden. Obschon sich dies nun bereits seit mehreren Jahren Quartal für Quartal wiederholt, ist dies natürlich nichts selbstverständliches. Apple kämpft mit einem stagnierenden oder rückläufigen iPhone-Absatz – und bekommt dies zu spürten, denn mit dem grossen iPhone-Erfolg der letzten Jahre kam auch die Abhängigkeit vom Geschäft mit dem iPhone. Wie sich nun zeigt, scheint das Unternehmen die schwindenden iPhone-Absätze aufgefangen zu haben. Zwei Segmente machen sich bereit, zu wichtigen Pfeilern für die Zukunft des Konzerns zu werden.
Trotz einem Umsatz-Wachstumsminus im Jahresvergleich von 12 Prozent beim wichtigen Geschäft mit dem iPhone, konnte Apple im vergangenen Quartal über den ganzen Konzern hinweg um ein Prozent zulegen. Dieses Wachstum bescherte dem Mac-Hersteller das umsatztechnisch beste Sommer-Quartal seiner Geschichte. Würde man die iPhone-Käufe heraus rechnen, hätte die Firma sogar ein Plus von 17 Prozent verzeichnen können. Das Wachstum fand vor allem in den beiden Segmenten «Dienste» und «Andere Produkte» – dort namentlich bei den «Wearables» – statt. Mit beiden Geschäftsfeldern hat es sich CEO Tim Cook zum Ziel gemacht, die stagnierenden oder gar rückläufigen Geräte-Verkäufe beim iPhone zu kompensieren. Der Apple-Chef setzt darauf, dass das Unternehmen hier langfristig zwei starke neue Standbeine hat – und das geht bisher auf.
Das iPhone ist zwar nach wie vor das mit Abstand grösste und wichtigste Segment für Apple, erstmals seit sieben Jahren macht das iPhone aber nicht mehr über die Hälfte von Apples Umsatz aus. Jeweils im Weihnachtsquartal 2014, 2015, 2016 und 2017 gipfelte das iPhone mit fast 70 Prozent Anteil an Apples Konzern-Umsatz. Im vergangenen Quartal waren es nun «nur» noch gut 48 Prozent. Letztmals unter 50 Prozent lag der Wert im Herbst-Quartal («Q4») 2012 – zu Zeiten des iPhone 4s und des iPhone 5.
Gründe für die stagnierenden oder rückläufigen iPhone-Umsätze der letzten Quartale waren schwächere Geschäfte in China und eine allmählich einsetzende Sättigung im Smartphone-Markt.
Im vergangenen Quartal ist das iPhone-Geschäft in China wieder besser gelaufen, so Cook anlässlich der Quartalszahlenkonferenz am 31. Juli. Für die Erholung des Marktes im Reich der Mitte haben dem Apple-CEO zufolge gleich mehrere Faktoren beigetragen. Apple habe über die vergangenen Monate eine Serie an Preis-Anpassungen vorgenommen und gleichzeitig soll es in China auch staatliche Impulse in Form einer Ermässigung der Mehrwertsteuer gegeben haben.
Immer wichtiger werden derweil die Dienste (vergangenes Quartal 21.3 Prozent des Konzern-Umsatzes) und die Wearables, die in der Kategorie «Andere Produkte» zusammen mit Apple TV und Zubehör mittlerweile 10.3 Prozent des Konzern-Umsatzes ausmachen.
Einer Schätzung eines Analysten von Above Avalon zufolge, soll Apple aktuell etwa 70 Millionen «Wearables» pro Jahr verkaufen. Diese Zahl setze sich unter anderem aus 30 Millionen Apple Watch und über 30 Millionen AirPods zusammen. Jährlich setze Apple mit den Wearables 16 Milliarden US-Dollar um – dies bei einer Wachstumsrate von eindrücklichen 55 bis 60 Prozent. Wenn die Wearables weiterhin so wachsen, rechnet der Analyst vor, werde dieses Segment sowohl das Geschäft mit den iPad wie auch jenes mit dem Mac bereits Ende des nächsten Jahres überholt haben und hinter dem iPhone und den Diensten den dritt-grössten Anteil am Konzern-Umsatz haben.
Der Analyst bezieht sich dabei auf Schätzungen. Apple nennt keine konkreten Verkaufszahlen zu den Wearables, sondern bündelt die Zahlen zusammen mit «anderen Produkten» wie die Settop-Box «Apple TV» und diversem Zubehör. Tim Cook zeigte sich Ende Juli aber hoch-zufrieden mit dem Geschäft um die Wearables – nannte das vergangene Quartal sogar ein «absolutely blow out quarter for wearables» und umschrieb dessen Wachstum mit «gut über 50 Prozent». Konkret habe die Apple Watch sogar einen neuen Rekord für ein Juni-Quartal aufgestellt, so Cook weiter.
Mit den Diensten verdient Apple bereits seit längerem mehr und mehr und stellt somit in diesem Segment quasi quartalsweise neue Rekorde auf – so auch in den drei Monaten April, Mai und Juni. Der Quartals-Umsatz in dieser Sparte wuchs binnen eines Jahres von 10.2 auf fast 11.5 Milliarden US-Dollar. Zu den Diensten gehören beispielsweise der Musik-Streamingdienst «Apple Music», der iCloud-Speicherplatz oder der Bezahldienst «Apple Pay». Über alle Abo-Dienste hinweg zählt Apple inzwischen über 420 Millionen zahlende Kunden.
Das Dienste-Segment dürfte auch in naher Zukunft noch weiter wachsen: Apple erweitert aktuell gerade in den USA seinen Bezahldienst Apple Pay um eine eigene Kreditkarte («Apple Card») und wird noch in diesem Herbst einen Video-Streamingdienst («Apple TV+») und ein Spiele-Abonnement («Apple Arcade») lancieren.
Mittels Diversifikation löst sich Apple von der iPhone-Abhängigkeit und peilt indirekt die iPhone-Unabhängigkeit an. Der Wandel in Cupertino ist in vollem Gange.
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