Wer braucht schon eine Apple Watch?

… und was ist überhaupt Apples Vision hinter der Apple Watch?

Nach Jahren vollgepackt mit Gerüchten und Spekulationen hat Apple gestern Abend «endlich» eine Smartwatch präsentiert. Für das Unternehmen ist die intelligente Uhr ein «neues Kapitel» in der Unternehmensgeschichte, wie Apple-Chef Tim Cook gestern sagte. Die «Apple Watch» soll Apples «persönlichstes Gerät» sein.

Stefan Rechsteiner

Smartwatches gelten als der neueste Hype in der ICT-Branche. Seit Monaten versuchen verschiedene Anbieter mit «intelligenten Uhren» einen neuen Markt zu erschaffen und diesen zu dominieren. Bisher sind allesamt grandios gescheitert. Nun kommt Apple auf den Plan.

Der Mac-Hersteller ist also erneut nicht der Erste, der es in dieser neuen Produktkategorie versucht. Apple will aber auch nicht der Erste sein, das zeigt ein Blick in die jüngste Geschichte von Apple (siehe iPod, iPhone und iPad). Und auch das Unternehmen selbst setzt entsprechende Akzente — beispielsweise gestern während dem Special Event im Image-Film, der die Keynote eröffnete. Darin ist mehrmals zu lesen, wie Apple seine Welt sieht und wie das Unternehmen handelt. Nicht der Wert des «Erster! Erster! Erster!» sieht Apple als erstrebenswert an, sondern die Sache, die tatsächlich etwas bedeutet — die eben wichtig ist.

Apples Smartwatch ist entsprechend auch nicht einfach ein schneller Wurf, sondern da wurde einiges an Arbeit hineingesteckt. Das merkt man auch. Die Apple Watch erscheint — von allem was wir bisher davon gesehen haben — als ein sehr solides Gerät. Sowohl in das Hardware-Design wie auch in die Software und die Benutzerführung scheinen sehr viel Hirnschmalz von sehr talentierten Leuten geflossen zu sein.
Der erste Eindruck, der die Apple Watch einem vermittelt, kann als sehr positiv gewertet werden. Das Gerät kann was, die Bedienung scheint ziemlich intuitiv und das Design ist nicht von schlechten Eltern. Natürlich ist letzteres Geschmacksache und die Wahrnehmung deshalb von Person zu Person unterschiedlich. Aber auch wenn das Design einen nicht überzeugen mag: zuerst sollte man sich (wie immer) die Apple Watch in persona ansehen, bevor man sich ein abschliessendes Urteil darüber bildet.

Welche Strategie verfolgt Apple?

Apple selbst fokussiert bei der Apple Watch auf drei Gebiete, in der die Uhr glänzen soll. Natürlich als Uhr, dann aber auch als Kommunikations-Mittel und als Fitness-/Gesundheits-Gerät.

Ersteres ist rein funktional keine grosse Aufgabe — schier «gigantisch» hingegen ist die Herausforderung, die Apple sich gesetzt hat, dieses digitale Gerät als eine bessere Option für das Handgelenk zu etablieren, als es eine traditionelle Uhr ist.

Dass sich die iWatch, pardon «Apple Watch», als neuartiges Kommunikationsmittel durchsetzen kann, steht noch absolut in den Sternen. Die Möglichkeiten, die beispielsweise «Digital Touch» bietet, sind sehr interessant und passen zur heutigen Gesellschaft. Einer Gesellschaft, in der Dienste über die nur mit einem einzelnen Wort oder nur mittels Emojis kommuniziert werden kann, in der es aber vor allem um den schnellen Austausch von kurzen Mitteilungen geht, am meisten Zuspruch erhalten. Die Einfachheit und die Geschwindigkeit liegt im Vordergrund — dies scheint auch das Konzept hinter der Apple Watch als Kommunikations-Gerät zu sein.

Als Fitness- und Gesundheits-Gerät kann die Apple Watch wohl sicher überzeugen, in einem gewissen Mass. Die Umsetzungen sehen interessant aus und auch die gebotenen Funktionen sind nicht ohne. Doch gibt es hier noch viel Potential nach oben.

Tim Cook sagte gestern an der Keynote, die Apple Watch könne «noch viel mehr». Ein paar dieser Funktionen zeigten die Apple-Sprecher auch live auf der Bühne — wie beispielsweise die Integration von Siri, das Aufrufen von Karten oder das Anzeigen von Fotogalerien. Weiter soll der Apple-Chef selber die Uhr als Fernsteuerung für sein Apple TV nutzen. Ausserdem kann sie zum Bezahlen via «Apple Pay» oder zum öffnen von digital-ausgestatteten Hotel-Zimmer-Türschlössern genutzt werden. «Handoff», jene Funktion in iOS 8 und OS X Yosemite, die iOS-Geräte und Macs näher miteinander verschmelzen, soll auch auf der Apple Watch verfügbar sein. Auch HomeKit wurde (sehr kurz) angesprochen als die Möglichkeit genannt wurde, Hausbeleuchtungssysteme über die Uhr zu steuern.

Doch all diese Funktionen sind auch mit dem iPhone möglich. Oder mit dem iPad. Geräte, die weltweit bereits Abermillionen Menschen besitzen.

Die Apple Watch ist laut dem iPhone-Hersteller «funktional, aber auch sehr schön», sie «bestärke die Leute, und bereichere ihre Leben». Doch in welcher Hinsicht bereichert die Uhr die Nutzer? Was sind die Killer-Features, die die Apple Watch zu einem «Must have» machen? Wieso sollen sich die 200 Millionen Menschen, die ein iPhone 5, 5c oder 5s besitzen und Weitere die sich bald ein iPhone 6 kaufen, eine Apple Watch kaufen? Apple scheint keine klare Vision zu haben, was denn die Apple Watch tatsächlich ist.

Es stellt sich also (wie bereits vor vier Jahren beim iPad) die Frage: Wer braucht denn überhaupt eine Apple Watch?

Vor vier Jahren sahen auch viele Branchen-Beobachter keinen Sinn hinter dem neuen Tablet-Computer von Apple. Doch dann explodierten die Verkaufszahlen. Die iPads waren Apples neue Wundergeräte.
Wird dies Apple auch mit der Apple Watch schaffen? Anders als bei der iPad-Einführung ist diesmal die Konkurrenz jedenfalls bereits einiges besser aufgestellt als noch vor vier Jahren, als das iPad seinen Tablet-Konkurrenten um Jahre voraus war.

Kommt Zeit, kommt Rat.

Spätestens in einem oder zwei Jahren werden wir wissen, ob die Apple Watch in der Geschichte des iPhone-Herstellers eines der vielen erfolgreichen Kapiteln sein wird, oder nicht.

Gönner-Abo

Ab CHF 5.– im Monat

👉🏼 Wir benötigen deine Unterstützung! Unterstütze macprime mit einem freiwilligen Gönner-Abo und mache die Zukunft unseres unabhängigen Apple-Mediums aus der Schweiz mit möglich.

macprime unterstützen

3 Kommentare

Kommentar von sierra

Der Vergleich ipod oder Tablet gegen die Apple Uhr hinkt gewaltig. Apple war gestern nicht in der Lage - die Uhr an der Hand befestigt “Live” zu demonstrieren. Die Schwächen im Alltag dürften stark sein - gleich wie auch die Akku Problematik wo man kein Wort verloren hat.

Sicherheitsmässig ist die Uhr nicht gut gesichert. Sie hat zwar den Fingerabdruck ganz am Anfang zwsichen der Uhrzeit und den anderen Apps gibt es Sicherheitstechnisch keinen Layer mehr Passwort - selbst ein relativ einfacher Code. Dadurch kann bei einem Diebstahl Tennisgarderobe etc. ist die Sicherheit relativ weit offen vor allem wenn das Telefon noch in der Sporttasche liegt.

Dadurch, dass alles dort liegt - Abrechnungen der CC, Musik, Termine ist die Uhr für die NSA und Polizei sehr hilfreich. Das Bewegungsprofil kann selbst bei einer Streetparade exakt den Standort ermitteln.

Profilfoto von Gaia

Kommentar von Gaia

Mich würde interessieren, mit welchen Funktionen die Apple Watch auch (wenn überhaupt) ohne iPhone funktioniert. Und für Funktionen die des iPhones benötigen, wie unmittelbar nah muss das iPhone sein? Ich gehe davon aus, dass die Verbindung über Blutooth geht und dann sprechen wir von 10m oder so…

Aber ehrlich: es nervt mich schon, dass iPhone (immer?) dabei sein muss.

Anmelden um neue Kommentare zu verfassen

Allegra Leser! Nur angemeldete Nutzer können bei diesem Inhalt Kommentare hinterlassen. Jetzt kostenlos registrieren oder mit bestehendem Benutzerprofil anmelden.