Mobiles Bezahlen in der Schweiz: Swisscom gibt nach, PostFinance startet, Apple Pay wartet
Noch bevor Apple Pay, Google Wallet oder Samsung Pay in der Schweiz lanciert werden, bringen sich verschiedene Schweizer Player auf dem Finanzmarkt in Position. Mit eigenen mobilen Bezahlsystemen wollen sie sich auf dem Markt breit machen, bevor die Grossen in der Schweiz an den Start gehen. Auf dem hiesigen Markt ist derzeit viel Bewegung zu beobachten. Nun hat die Swisscom ihr eigenes System zugunsten eines offenen Systems einiger Finanzinstitute aufgegeben, derweil lancieren andere Anbieter weiter eigene Systeme.
IT-Grössen wie Apple, Google und PayPal haben in den vergangenen Monaten mit mobilen Bezahldiensten für reichlich Wirbel gesorgt. Beispielsweise feiert «Apple Pay» in den USA bereits seit dem Start vergangenen Herbst grosse Erfolge. Um das Feld nicht gänzlich den Grossen zu überlassen, machen sich hierzulande zahlreiche Anbieter bereits vor dem Eintritt der IT-Giganten den Schweizer Markt streitig.
Auf ein gemeinsames System können sich die Schweizer Anbieter aber nicht einigen — stattdessen versuchen verschiedene Player eigene Systeme bei den Nutzern durchzusetzen. Nachdem in den vergangenen Monaten diverse Systeme lanciert wurden, stampft nun die Swisscom den eigenen mobilen Bezahldienst «Tapit» wieder ein. Stattdessen kooperiert der Telekomunikationsriese mit dem Finanzdienstleister SIX. Dieser hat im Verbund mit der UBS und der Zürcher Kantonalbank Anfang Sommer «Paymit» lanciert.
Mit «Paymit» wollen die beteiligten Finanzinstitute durch ein offenes System eine nationale Alternative gegen die internationalen Dienste wie Apple Pay, PayPal oder Google Wallet etablieren. Im Juli kündigten auch die Banque Cantonale de Genève, die Banque Cantonale de Vaudoise, sowie die Luzerner Kantonalbank und die Raiffeisen ihre Unterstützung für Paymit an.
Swisscom stampft «Tapit» ein
Zugunsten der anvisierten gesamtschweizerischen Lösung lässt Swisscom den erst vor gut einem Jahr lancierten eigenen Dienst «Tapit» fallen. Bis nächsten Sommer werden Tapit-Nutzer über den Dienst weiterhin Zahlungen ausführen können. Im Sommer 2016 wird Tapit, welches von der Swisscom ursprünglich für Coop entwickelt wurde, aber endgültig eingestellt.
Laut der Swisscom läge die Zahl aktiver Nutzer und Kreditkartenanbieter bei Tapit klar unter den Erwartungen, dies trotz intensiver Bemühungen seitens des Telekom-Unternehmens.
Auch ein Jahr nach der Lancierung ist der Dienst weiterhin nicht auf iPhones verfügbar. Grund dafür ist die von Tapit genutzte NFC-Funktechnologie. Der in den neuen iPhones integrierte NFC-Chip ist bisher nicht für Drittentwickler freigegeben. Einzig Apple kann die NFC-Schnittstelle der iOS-Geräte bisher nutzen.
Ausserdem konnte man die Banken nicht von Tapit überzeugen, so die Swisscom.
Paymit: Mit offenem System gegen die Grossen
Aktuell umfasst das Funktionsangebot von Paymit das Senden und Empfangen von Geldbeträgen über Smartphones. Ab nächstem Jahr sollen mit Paymit auch Zahlungen in Verkaufsläden und in Onlineshops ausgeführt werden können. Bisher sollen die Paymit-Apps der verschiedenen Anbieter bereits über 90’000 mal heruntergeladen worden sein. Über genaue Nutzungszahlen ist bisher jedoch nichts bekannt.
Die Swisscom plant für «Paymit» künftig auch Bonusprogramme, mit welchen bei Transaktionen beispielsweise Treuepunkte gesammelt oder Aktionen aktiviert werden können.
Durch die Unterstützung seitens Swisscom erhoffen sich die Paymit-Initianten eine schnellere Etablierung des mobilen Bezahldienstes auf dem Schweizer Markt. Der Telekomriese möchte nun auch noch weitere Banken mit an Bord holen.
PostFinance lanciert «Twint»
Doch auch wenn die Swisscom zum Paymit-Lager stösst, bleibt der Schweizer Markt gut bestückt an unterschiedlichen mobilen Bezahllösungen. Beispielsweise hat auch die Migros Bank vergangenes Jahr mit P2P einen eigenen Bezahldienst lanciert. Derweil propagieren die Kredkartenherausgeber MasterCard und Visa selbst die kontaktlose Zahlungsmöglichkeit neuer Kreditkarten.
Einen Tag nachdem die Swisscom das Ende von Tapit bekannt gegeben hatte, ist ein neuer mobiler Bezahldienst lanciert worden: Die PostFinance zeigte seinen «Twint» genannten Dienst. Dieser, bereits im Frühjahr angekündigte Dienst, steht als iOS- und Android-App seit letzter Woche für entsprechende Geräte zum Download bereit. Genutzt werden kann Twint bisher erst an wenigen ausgewählten lokalen Partnern in den Städten Bern und Zürich. Dort, vor allem in Restaurants und in kleineren Verkaufsläden, kann neu auch mit Twint bezahlt werden. In den nächsten Wochen sollen etwa 50 weitere Standorte in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, St. Gallen, Winterthur und Zürich folgen. Für Oktober plant PostFinance einen flächendeckenden Rollout in der ganzen Schweiz.
Auch die Post und «verschiedene» Online-Shops konnte PostFinance bereits für Twint gewinnen — diese sollen, genauso wie Coop und die SBB, Twint derzeit als künftig mögliches Zahlungsmittel testen.
Noch im Verlaufe des Herbst soll Twint auch das direkte Übermitteln von Geldbeträgen unter Freunden (P2P) beherrschen, so die PostFinance.
Alles wartet auf Apples Markteintritt
Die Wettbewerber sind allesamt auf den Markteintritt von Apple gespannt. Sich bereits vorher in Position zu bringen sehen sie als Vorteil — auch, dass sie lokale Anbieter sind. Ein Sprecher der PostFinance sagte gegenüber inside-it.ch, dass sie als Schweizer «sicher Vorteile» gegenüber den US-Techgiganten haben werden. «Wir kennen den hiesigen Markt und haben drei Millionen Kunden».
Auch ein Sprecher der Migros Bank anerkennt gegenüber inside-it.ch Apple aber als «grosse Gefahr», zeigt sich aber auch zuversichtlich gegenüber einem möglichen Markteintritt von Apple. Grosse Marken würden «auch wieder verschwinden, wie man bei Nokia gesehen hat». Bestehen werde, wer langfristig Erfolg habe, so der Migros-Bank-Sprecher.
Die Entwicklungen beobachten alle Verantwortlichen aber genau. Wann Apple den mobilen Bezahldienst «Apple Pay» hierzulande lancieren wird, ist jedoch weiterhin unklar. Erst vor wenigen Wochen expandierte der Dienst erstmals — aus den USA auf die britischen Inseln.
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5 Kommentare
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