Wie ihr sicher gehört habt, begann gestern in Basel ein Versuch mit Schuluniformen, es handelt sich dabei um eine Schweizer Premiere? Was haltet ihr von Schuluniformen? Ich habe zu diesem Thema einen Eintrag in meinem Blog verfasst:
Meiner Meinung nach ist die Einführung von Schuluniformen eines der absoluten top highlights in Sachen Bildung der letzten 20 Jahre.
Wie viele von euch wohl wissen, ist das Aussehen und somit auch die Kleidung von Leuten massgebend für den ersten Eindruck. Eine erste Beurteilung einer Person wird somit schon innert Sekundenbruchteilen erstellt. Dabei hat die Kleidung an und für sich nur einen Zweck, nämlich das dem Menschen abhandengekommene Fell zu ersetzen. Da der Mensch aber denkt, er sei intelligent, musste er der Kleidung noch weitere Werte zuweisen. Auf jeden Fall ist es heute doch so, dass besonders auf Schulen, Leute aufgrund ihres Aussehens und ihrer Kleidung diffamiert werden. Von Penner über Bauernsohn bis hin zu Jude oder was auch immer wird man wohl alles zu hören bekommen. Klar, wer sich so etwas zu Herzen nimmt ist selber Schuld. Kinder jedoch sind meist nicht in der Lage selbst zu entscheiden ob zu ihnen gesagtes wahr oder falsch ist. Sie richten sich somit nach der Mehrheit oder nach Authoritäten. Und somit wird es für die entsprechende Person zum Problem, wie sie angezogen ist. Einheitliche Kleidung würde dieses Problem während der Schulzeit (und ich bin mir sicher, dass Schuluniformen nach und nach auch in der Freizeit getragen werden) lösen, den Zusammenhalt stärken (“wir sehen gleich aus, wir sind ein Team”), die Ausgrenzund andersaussehender mindern und und und.
Da ich in einem grösstenteils recht Gläubigen 900-Seelen Bergdorf aufwuchs und schon ziemlich früh in der Jugend schwarz gekleidet war und lange Haare trug, sowie böse Musik hörte, wurde mir diese Problematik des “normal” gekleidet seins schon recht früh bewusst. Denn, die 900 Leute kannten mich, stempelten mich ab (zu fragen weshalb ist ja schon fast überflüssig) und mieden mich. Je nach Gemüth kann dies sicherlich sehr belastend sein. Wobei es wiederum auch sehr belustigend ist, wenn man sich den Tatsachen der Entstehung bewusst ist.
Eigentlich ist der Schritt zur Schuluniform auch ein Schritt in Richtung Individuum. Denn die Individualität des Menschen ist ja nicht von seiner Hülle abhängig, sondern vielmehr von dem, was darunter ist. Die Schuluniform würde also den Schülenr dazu verhelfen ihre Wertvorstellungen etwas anzupassen.
Natürlich sollte man trotz Schuluniform etwas Rücksicht auf die Träger nehmen. Verschiedene Farben im Sortiment haben, und insgesamt eine kleine Auswahl bieten, damit nicht jeder aussieht wie sein gegenüber. Denn absolute vereinheitlichung würde das ganze Spiel nur wieder von neuem antreiben. Die Leute würden wohl wieder beginnen zu versuchen sich durch Veränderung zu profilieren, einfach im Mittelpunkt zu stehen.
Wie auch immer, in Sachen Schule gabs schon sehr viel unsinnigere Ideen als diese. IMHO auf jeden Fall unterstützenswert.
Grüsse
hirnstroem
(Bearbeitet am 19. Oktober 2006 um 11:46 Uhr von )
@hirnström:wie immer,auch hier - eine wahre Freude,Deine
tiefgreifenden Analysen und hintergrundbeleuchtende
ausbeinelung des jeweiligen Themas. :) :)
Die Schuluniformen sind schon längst fällig,hoffen wir,
das andere Kantone nachziehen.
Gruss
sputnik
(Bearbeitet am 19. Oktober 2006 um 12:30 Uhr von )
Hallo Zaty,
hab Deine Hompage heimgesucht,gefällt mir. :)
Meinst Du nicht,das wenn man so weit gehen würde und
einheitliche Schuhe einführen würde das ganze ein bisschen
zu weit ginge?
gruss
sputnik
Das kann man so sehen, anderseits ist es halt schon, dass ohne einheitliche Schuhe, oder zumindest strenge Vorschriften die Problematik des Markendrucks in noch strärkerem Masse auf die Schuhe übertragen wird. In England oder Australien gibt es z. B. spezielle Schuhe, bzw. mehrere Modelle davon, die frei zu Schuluniformen getragen werden dürfen.
Ich begrüsse den Versuch auch. Es ist schade, dass dieser Marken-Run Überhand nimmt. Natürlich dienen Kleider in erster Linie, die Körperwäre zurückzuhalten. Andererseits schätze ich es, mit meinem Äusseren mich selbst auszudrücken. Dazu gehört, dass ich ungern ungepflegt herumlaufe. Ich behaupte mich durch andere nicht übermässig beeinflussen zu lassen. Mein einziges Lacoste-Shirt habe ich geschenkt bekommen. Andere Markenkleider sucht man bei mir vergebens. Leider ist das bei vielen, zu vielen nicht so. Für mich gehören Kleider auch zum ersten Eindruck. Dabei achte ich mich aber mehr auf den Stil und garantiert nicht auf irgendwelche Logos.
Ich finde das Projekt auch ganz ok und von der Idee her gut, aber wenn das zu “meiner” Zeit eingeführt worden wäre, hätte ich mich ja wahrscheinlich umgebracht.
Wer viel Wert auf Styling legt und sich an Mode erfreut, wird schon stark in seiner Individualität beschnitten. Und für die Mädchen ist es wohl noch schlimmer als für die Jungs. Ausserdem, und das finde ich das grösste Problem, sehen die Uniformen summa summarum beschissen aus. Diese Streifen und dieses Faserpelz-Mässige-Ding sind grässlich. Das ganze sieht wirklich nach “Kunststudentin” aus. Einige Schüler hätten sich ja sogar die Eleganz von klassisch englischen Uniformen gewünscht und das will was heissen! - Na mal gucken wie sich das entwickelt ;)
Es kann sicher nicht schaden, ein Schuluniform-Projekt testweise einzuführen um zu schauen, was die Auswirkungen sind. Ich persönlich halte von einer Uniformpflicht an Schulen aber nicht viel.
Der einzige Grund, weshalb man Schuluniformen einführen will, ist, dass gewisse Schüler aufgrund ihrer Kleidung ausgeschlossen werden. Diese Problematik konnte ich während meiner Schulzeit - die noch nicht weit zurückliegt - aber kaum beobachten. Es gibt gerade in Schulklassen immer solche, die eher Aussenseiter sind und solche, die stets im Mittelpunkt stehen. Die Kleidung hat sicher einen Einfluss darauf, aber nur einen untergeordneten. Innerhalb einer Schulklasse kennt man seine Mitschüler persönlich, da zählt der erste Eindruck gar nicht so sehr.
Der in Schulklassen wirkende Gruppendruck ist nicht in 1. Linie auf die Kleidung zurückzuführen. Vielmehr ist es einfach so, dass eine Schulklasse eine willkürlich zusammengewürfelte Gruppe Menschen ist und dass so eine Gruppe ganz automatisch aus ganz verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Wertvorstellungen besteht. Da ist es nur natürlich, dass sich innerhalb einer Schule oder einer Schulklasse gewisse Gruppierungen bilden. Die Schüler bilden keine homogene Gruppe, egal ob mit oder ohne Schuluniform.
Ich finde es wichtig, dass man seiner eigenen Identität Ausdruck verleihen kann. Es ist doch langweilig, wenn alle gleich gekleidet sind. Ich glaube nicht, dass ich mich in einer Einheitskleidung wohl fühlen könnte. Gruppendruck wird es auch mit Schuluniformen in gleicher Weise geben. Mit den Leuten, mit denen ich während meiner Schulzeit nie etwas anfangen konnte, hätte ich auch dann nichts anfangen können, wenn wir die gleiche Kleidung getragen hätten. Es wird immer Statussymbole und Verhaltensweisen geben, welche die einzelnen Menschen voneinander unterscheiden und welche einen Gruppendruck erzeugen. Schlussendlich ist es wichtig, dass die Schüler lernen, damit umzugehen.
Alles in allem sehe ich den Nutzen nicht, den eine Schuluniform bringen soll. Der Gruppendruck ist erstens nichts grundlegend negatives und lässt sich zweitens durch eine Schuluniform kaum nennenswert senken. Ich finde die Vorstellung, dass man das Aussenseitertum lediglich durch Einheitskleidung, in der sich wahrscheinlich viele Schüler nicht einmal wohlfühlen, ganz einfach der Vergangenheit angehören lassen kann, recht naiv. Ausserdem glaube ich, dass für diejenigen, die sich keine Marken-Kleider leisten können, der Preis von 800 Franken pro Uniform ziemlich hoch ist.
@aeschli: Dass der Markendruck ein grosses Problem ist, ist unbestritten. Je nach Region und Umfeld mag es Unterschiede geben, das Problem zu verharmlosen wäre falsch und gefährlich. Es ist natürlich, dass sich nie alle Mitglieder einer Klasse gleicht gut mögen. Es geht ja auch nicht daraum, dass sich alle SchülerInnen lieb haben, sondern darum, dass SchülerInnen welche keine teueren Markenkleider tragen wollen oder können, deswegen ausgelacht oder noch schlimmer, sogar verprügelt werden. Solche Zustände sind leider keine Seltenheit. Du hast offenbar diesbezüglich Glück gehabt, bzw. bist in einem Umfeld zur Schule gegangen, wo verhältnismässig gesittete Zustände herrschten, allerdings lässt sich dieses Bild leider keines Falls auf andere Regionen übertragen.
Hallo aeschli,
Die Eltern der Kinder müssen nur 100 Franken für die Klamotten zahlen.
700 Franken übernimmt die öffentliche Hand und Sponsoren.
Ausserdem hat zaty schon recht,da hattest Du Glück mit Deiner Schule… :)
Ich hatte wohl ähnlich wie aeschli auch das Glück, eine glückliche Schulzeit absolviert zu haben.
Ich glaube, die Schuluniform bringt den Kindern nicht mehr oder weniger, als es andere Kleider auch tun. Schöner wird es für die Eltern, Den diese müssen im Normalfall die teueren Markenklamotten ja bezahlen, von denen es dann zum Glück auch weniger braucht. Allerdings stellt sich hier auch die Frage, wie weit das Thema erziehen hineinspielt. Irgendwodurch sollten doch auch die Eltern ihre Kinder leeren, was richtig, was falsch ist. Aber da bin ich denke ich noch zu jung und unerfahren, um da wirklich mitreden zu können!
Nur soviel zum Thema:
Kleider machen Leute!
Anhand seiner Erscheinung sieht man einem Menschen sehr schnell bestimmte Merkmale an: Sicher mal sein Einkommen. Die wenigsten Bundesräte oder Stars laufen in Hosen rum, welche die älteren Geschwister bzw. die Eltern selber früher trugen. Bei uns zu Hause und auch in meinem Umfeld ist soetwas gang und gäbe. Ist das schlimm? Meines Erachtens nicht, nein!
Auch den Typ sieht man einem Menschen an!
Mir z.B. ist ein Edelweisshemd um viele Längen sympatischer als ein Adidastrainer, und dies aus verschiedenen Gründen. Wenn sich die zwei durch ihre Kleidung nicht unterscheiden würde, würde man (vieleicht) diese Leute eher einmal kennenlernenmüssen. Ob sie mir danach immernoch sympatisch sind, ist eine andere Frage. Aber ich habe es dann immerhin schoneinmal versucht!
Grüessli,
Martin
PS: Übrigens: Es ist in vielen Berufen, vorwiegend praktisch-orientierten Berufen, gang und gäbe, die Berufskleidung. In einer Garage sind z.B. unter den Mechanikern alle gleich gekleidet, womöglich noch mit gleichem Shirt und Pullover. Und darum ist es nur schwer möglich, die Leute auf den ersten Blick einzuschätzen. Was ich durwegs positiv finde!
(Bearbeitet am 21. Oktober 2006 um 12:01 Uhr von )
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macprime ForumSchuluniform?
VonAntwort von Thomas Zaugg
hirnstroem
(Bearbeitet am 19. Oktober 2006 um 11:46 Uhr von )
sputnik
(Bearbeitet am 19. Oktober 2006 um 12:30 Uhr von )
sputnik
Thomas Zaugg
Moritz
- pure -
dae
Thomas Zaugg
sputnik
Martin Schilliger
(Bearbeitet am 21. Oktober 2006 um 12:01 Uhr von )
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