Force Touch Trackpad des neuen 12-Zoll MacBook und 13-Zoll MacBook Pro
Er ist eines der Hauptinteraktionsmöglichkeiten der Apple Watch, eine der Revolutionen des neuen 12-Zoll MacBook und das Highlight des aktualisierten 13-Zoll MacBook Pro — und dürfte früher oder später auf jedem neuen Mac zu finden sein: der «Force Click». Möglich macht ihn das neue «Force Touch Trackpad», eine der grossen Hardware-Neuigkeiten des neuen 12-Zoll MacBooks und — auf den ersten Blick eher überraschend — auch im aktualisierten MacBook Pro zu finden. Wir haben mit dem aktualisierten 13-Zoll MacBook Pro und dem neuen 12-Zoll MacBook über die vergangenen Wochen das neue Force Touch Trackpad ausführlich getestet und haben der möglichen Interaktions-Revolution auf den Zahn gefühlt.
Apples Trackpads sind die Besten des Marktes. Wer schon einmal ein PC-Laptop bedient hat, weiss, wie gut sich ein Mac-Trackpad anfühlt und wie luxuriös-komfortabel damit mit dem Computer interagiert werden kann. Und nun wird eben dieses bewährte Trackpad über den Haufen geworfen, und ein mit einem Motor ausgestattetes, software-gesteuertes und nicht-bewegliches Trackpad in die neuen MacBooks verbaut. Warum hat Apple etwas derart gut funktionierendes geändert? Ein Beweggrund dürfte mit einem erneuten Blick auf die Konkurrenz erklärt sein: Wahrscheinlich deprimiert davon, dass man Apple bei den Trackpads nicht das Wasser reichen kann, haben viele PC-Hersteller ihren Fokus weg vom Trackpad und hin zu einem berühungsempfindlichen Bildschirm gerichtet. Apple setzt bei Notebooks derweil nicht auf wenig ergonomische Touchscreens, sondern erweiterte in den vergangenen Jahren seine Trackpads durch neue Möglichkeiten wie beispielsweise das Erkennen von Multi-Touch-Gesten. Was die ohnehin schon guten Trackpads noch besser machte. Das Hinzufügen des «Force Clicks» ist indes nur ein weiterer Schritt, wie Apple die Interaktionsmöglichkeiten mit dem Mac bereichert. Und das «Force Touch Trackpad» macht diese neue Interaktion erst möglich. Apples Trackpads sind absolut erstklassig, und auch das neue «Force Touch Trackpad» ist dies. Alle Eigenschaften, die die bisherigen Mac-Trackpads derart gut machten, sind nämlich auch beim neuen Force Touch Trackpad zu finden — nur ist hier das so komfortable «Klicken» der Mac-Trackpads nicht mehr wirklich, sondern nur vorgegauckelt.
Rein äusserlich unterscheidet sich das neue Force Touch Trackpad nicht von dem in den vergangenen Jahren in den Macs verbauten Trackpad. Aber im Innern blieb kein Stein auf dem anderen. Die Magie des neuen Trackpads geschieht unterhalb seiner kapazitiven Glassoberfläche und wird über clevere Software gesteuert: das Trackpad selbst verfügt über keine Klickmechanik mehr, durch vier Druck-Sensoren erkennt das Trackpad aber ein Drücken und simuliert durch eine intelligente Anwendung von haptischem Feedback mit einem kleinen Motor einen Klick. Das Trackpad «klickt» also nicht wirklich, sondern bleibt fix an seinem Platz. Der Klick wird nur vorgegauckelt. Die Sensoren erkennen auch, wie fest der Nutzer auf das Trackpad drückt — es ist also druckempfindlich. Dies erlaubt weitere Interaktionsmöglichkeiten, wie den «Force Click».
Tatsächlich gibt das Material beim Drücken ganz leicht nach — laut einer Messung kaum mehr als ein menschliches Haar dick ist. Dies wirkt sich aber nicht negativ aus, sondern verstärkt das «Gefühl des Klickens» sogar noch.
Der kleine Motor, der ein Drücken des Trackpads anfühlen lässt als ob etwas physikalisch nach unten gedrückt wird, ist Apples «Taptic Engine». Die von der Apple Watch bekannte Technik nutzt einen elekromagnetischen Motor, der nicht klassisch vibriert (wie z.B. bei einem Smartphone), sondern sich gradlinig hin-und-her bewegt. Beim «Klick» schlägt der Motor sozusagen gegen das Trackpad. Dies ist jedoch derart subtil, dass beispielsweise die Position des Fingers oder des Pfeils/Cursors auf dem Bildschirm dadurch nicht verschoben wird.
Dieses Vorgauckeln eines Klicks, welches durch den Motor auch hörbar ist, fühlt sich überraschend realistisch und eigentlich identisch wie ein Klick auf einem klassischen Mac-Trackpad an.
Da der ganze Klick-Mechanismus Software-gesteuert ist, bewegt sich am Trackpad wenn das MacBook ausgeschaltet ist nichts. Das Material gibt zwar weiterhin minimal nach, aber «geklickt» werden kann nichts.
Derweil kann in den System-Einstellungen von OS X die «Klickstärke» des neuen Trackpads definiert werden. In drei Stufen — Leicht, Mittel und Stark — lässt sich einstellen, wie fest gedrückt werden muss, bis es klickt.
Durch die neue Funktionsart des Trackpads mit seinen vier Druck-Sensoren in jedem Ecken kann nun auch erstmals überall am Trackpad genau gleich «geklickt» werden. Bei den bisherigen Trackpads konnte durch das Scharnier am oberen Rand dort am schlechtesten geklickt werden bzw. zuoberst war es durch Drücken überhaupt nicht möglich (sofern konfiguriert aber durch «Antippen»). Mit dem neuen Design kann nun überall auf dem Trackpad gleich gut geklickt werden — das Klicken ganz oben fühlt sich so genau gleich an, wie das Klicken in der Mitte des Trackpads oder ganz unten rechts.
Die neue Funktionsart des Trackpads führt laut Apple auch zum Vorteil, dass es eine leicht kompaktere Bauweise hat und damit weniger Platz benötigt. Des Weiteren führt Apple ins Feld, dass das fixe Trackpad weniger anfällig auf Verschmutzungen ist und es zu weniger mechanischen Probleme wie «druckgedrückte» Trackpads kommen kann.
Der Force Click
Das neue Trackpad kann aber nicht nur Klicks durch die Taptic Engine imitieren, es kann mit dem Erkennen der Klickstärke durch die Druck-Sensoren auch den eingangs erwähnten «Force Click» triggern. Dieser wird ausgeführt, sobald man nach dem «normalen» Klicken weiter gedrückt hält und noch fester drückt. Nach dem ersten Klick spürt man so noch einen weiteren Klick «darunter».
Dieser «zweite» Klick kann in OS X für neue Funktionen genutzt werden. Ein Einsatz des «Force Click» ist die Anzeige von kontextabhängigen Informationen — beispielsweise kann in Safari mit einem «Force Click» auf ein Link die entfernte Seite in einem Vorschaufenster angezeigt werden anstatt sie gleich im Fenster zu öffnen. In Mail kann eine Adresse in einem Dokument direkt in einer aufspringenden Karten angezeigt werden. Auf einer Webseite beispielsweise schlägt ein «Force Click» auf ein Wort dieses direkt im Wörterbuch bzw. Lexikon von OS X nach. Oder im Finder wird mit «Force Click» die Vorschau (Quicklook) eines Dokumentes angezeigt.
Ein weiterer Einsatz des «Force Click» ist verbunden mit der Druckempfindlichkeit des Trackpads eine kontext-bezogene Funktion. Drückt man beispielsweise in QuickTime auf das Symbol für den schnellen Vorlauf, so passt sich die Geschwindigkeit der Druckstärke an — um so fester man drückt, um so schneller wird gespult. In Vorschau wird beim Signieren von Dokumenten erkennt, wie fest man mit dem Finger auf das Trackpad drückt und dementsprechend wird die Dicke der digitalen Tinte angepasst — drucksensitives Zeichnen, wie es von Grafiktabletts her bekannt ist.
Der «Force Click» erinnert uns an den Auslöser einer handelsüblichen Spiegelreflexkamera, mit dem durch leichtes Drücken zuerst die Feldmessungen durchgeführt werden und der erst beim Durchdrücken bzw. «zweiten Klick» ausgelöst wird. Trotzdem ist der «Force Click» nicht ganz so selbstverständlich wie das Durchdrücken eines Kameraauslösers. Trotz der erwähnten Klickstärke-Einstellung, bei der in drei Stufen auch die «Härte» des «Force Klicks» definiert wird, fordert es etwas Eingewöhnungszeit, bis man merkt, wie viel Druck man aufbringen muss, um den «Force Click» auslösen zu können. Am Anfang aktiviert man diesen öfter als gewollt — insbesondere bei Interaktionen wie dem Ziehen-und-Fallenlassen (Drag & Drop) drückt man in den ersten Tagen schnell mal zu fest und löst so ungewollt den Force Click aus. Zumindest ist es dem Autor dieser Testberichte am Anfang so ergangen.
Wer sich partout nicht an die neue Funktion gewöhnen möchte, der kann «Force Click» in den System-Einstellungen global deaktivieren.
Bei der Nutzung des Force Click auf dem Mac wird einem schnell bewusst: die Adaptierung der neuen Interaktion ist noch ganz am Anfang. Die Force-Click-Aktionen in OS X und seinen Standardprogrammen, auch die oben genannten, sind weder intuitiv noch wahnsinnig nützlich. Auch ist das Gross der bisherigen Force-Click-Aktionen auch über einen Zwei-Finger- bzw. Rechts-/ctrl-Klick oder eine Multitouch-Geste verfügbar.
Auch ist der Force Click nicht überall verfügbar. Und allerorts, wo nichts mit Force Click erreicht werden kann, kann auch nicht «durchgedrückt» werden. B
Aber die Situation dürfte sich nach und nach verbessern: Seit OS X 10.10.3 haben Entwickler die Möglichkeit, ihre Applikationen mit Force-Click-Aktionen zu erweitern. Bereits haben einige Entwickler Unterstützung für das Force-Touch-Trackpad angekündigt, so kann beispielsweise in der neuesten Version der Photoshop-Alternative «Pixelmator» über das Trackpad auch drucksensitiv gemalt werden.
Es bleibt spannend, mit was für Funktionen und Interaktionen die Entwickler die Möglichkeiten des neuen Trackpads künftig ausreizen werden.
Wunderwaffe für mehr Barrierefreiheit?
Überaus interessant sind das neue Force Touch Trackpad und Apples Taptic Engine als Bedienungshilfen. Das haptische Feedback durch die Taptic Engine könnte beispielsweise dazu genutzt werden, gewisse auf dem Bildschirm dargestellte Informationen spürbar zu machen. Durch taktile Signale beim Überfahren von Schaltflächen mit dem Cursor könnte so angetönt werden, dass dieser Bereich klickbar ist. Über das Trackpad könnten sich so Personen mit Behinderung einfacher durch die OS-X-Benutzeroberfläche fortbewegen.eispielsweise ist nach dem «normalen» Klick auf die Menüleiste von OS X Schluss — auch bei anhaltendem und festerem Drücken des Trackpads passiert nichts. Gleiches gilt für Programme, die keine Force-Click-Aktionen integriert haben.
Hier schlummert ein gigantisches Potential. Uns würde es nicht verwundern, wenn Apple die Bedienungshilfen in einer kommenden OS-X-Version mit dem Trackpad und der Taptic Engine verbindet — vielleicht bereits in OS X 10.11?
Force Touch Trackpad bald Standard?
Die Tatsache, dass das neue Force Touch Trackpad, und damit eine der grossen Hardware-Neuigkeiten des neuen 12-Zoll MacBooks, nicht nur bei eben diesem zukunftsweisenden neuen MacBook, sondern auch beim aktualisierten 13-Zoll MacBook Pro, bei dem es mehr als genügend Platz für das herkömmliche Trackpad mit Klickmechanik gehabt hätte, zum Einsatz kommt, deutet darauf hin, dass wir dieses Trackpad wohl schon bald bei allen Macs antreffen werden. Apple dürfte mit dem dem Force Touch Trackpad einen neuen Mac-Standard geschaffen haben. Spätestens in einem Jahr dürften alle Mac-Laptops mit einem Force Touch Trackpad ausgestattet sein — womöglich gibt es bis dann sogar auch ein externes «Magic Force Touch Trackpad».
Fazit
Wer das Force Touch Trackpad noch nicht selbst ausprobieren konnte, dem sei hier und jetzt aber nicht geraten, sich alleine deshalb ein neues 12-Zoll MacBook oder ein aktualisiertes 13-Zoll MacBook Pro anzuschaffen. Das neue Trackpad ist durch und durch genial und eine zukunftsweisende Erweiterung, aber es stellt alleine kein Grund dar, um auf eines der zwei neuen MacBooks umzusteigen. Viel mehr raten wir diesen aber, zum nächstgelegenen Mac-Händler zu gehen und das neue Trackpad mal selbst auszuprobieren.
Natürlich sind haptisches Feedback und fixe kapazitive Trackpads nichts neues, aber so wie Apple die Technologien verbunden hat, ist schlicht genial und bisher ungesehen bzw. «ungefühlt», insbesondere weil es Apple gelang, das komfortable Klicken der erstklassigen Mac-Trackpads perfekt zu imitieren.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Force-Click-Aktionen und die Force-Touch-Integrationen in OS X und seinen Apps aber noch derart spärlich gesät, dass man das Durchdrücken beim Wechsel zurück auf ein «herkömmliches» Mac-Trackpad noch nicht so schmerzlich vermisst, wie beispielsweise die intuitiven Multitouch-Gesten, wenn man ein älteres Mac-Trackpad bedienen muss, welches diese noch nicht unterstützt.
Übrigens haben wir doch noch ein Nachteil des neuen Force Touch Trackpad gegenüber der bisherigen mechanischen Trackpads gefunden: Da nun auch das «Klicken» durch kapazitive Sensoren abgeleitet wird, ist es nicht mehr möglich, mit einer mit Handschuhen bekleideten Hand oder mit einem Kunststoff-Gegenstand zu «Klicken». Dies dürfte jedoch für die meisten Nutzer im alltäglichen Gebrauch des Trackpads kein Problem darstellen.
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