Prozess von Apple gegen Samsung - Ein Überblick nach zwei Prozesswochen

Seit dem 30. Juli läuft in San Jose, Kalifornien, der Prozess von Apple gegen Samsung. Unter der Leitung von Richterin Lucy Koh versucht Apple zu beweisen, dass Samsung das geistige Eigentum von Apple verletzt hat. Kommt die Jury zum Schluss, dass dies der Fall ist, droht Samsung eine Strafzahlung von 2.5 Milliarden Dollar.

Lucy Koh - Die unkonventionelle Richterin

Die zentrale Figur dieses Prozesses ist Richterin Lucy Koh. Die koreanischstämmige Juristin wurde an der Eliteuniversität Harvard ausgebildet und arbeitete danach im öffentlichen Dienst. Ab dem Jahre 2000 war sie für diverse Anwaltskanzleien im Silicon Valley tätig.

Im Jahre 2008 wurde sie zur Richterin am «Superior Court of California for Santa Clara County» ernannt. 
Im Januar 2010 nominierte sie US-Präsident Barack Obama für das Amt als Richterin am «United States District Court for the Northern District of California». Ins Amt eingeführt wurde sie im Juni 2010.

Lucy Koh hatte während ihrer Tätigkeit als Anwältin schon einmal mit Apple zu tun. In einer Auseinandersetzung vertrat sie die Firma «Creative Technology» gegen Apple. Im betreffenden Verfahren ging es um digitale Musikspieler, namentlich um den iPod. Am Schluss wurde zwischen den beiden Firmen ein Vergleich vereinbart, bei welchem Apple 100 Millionen Dollar bezahlen musste.

Ihre Herangehensweise im Prozess ist unkonventionell. So hielt sie am ersten Prozesstag ein Samsung Tablet sowie ein iPad in die Höhe und die Anwälte sollten danach aus einigen Metern Distanz die Geräte unterscheiden. Die angesprochenen Anwälte bekundeten dabei grosse Mühe, die beiden Tablets zu unterscheiden.

Apple wollte Samsung weiterhin als Partner

Als Samsung im Jahre 2010 das Galaxy S auf den Markt brachte, sei die Chefetage von Apple geschockt gewesen, wie AllThingsD berichtet. Da Samsung jedoch ein strategisch wichtiger Partner ist, wollte man in Cupertino die Angelegenheit zuerst ohne Gerichte lösen.
So kam es in der zweiten Jahreshälfte zu Verhandlungen zwischen Apple und Samsung. Apple machte Samsung das Angebot, das Patentportfolio von Apple zu einem Pauschalpreis zu lizenzieren. Dies hätte Samsung 30 Dollar pro Smartphone und 40 Dollar pro Tablet gekostet. Wenn Samsung im Gegenzug auch die eigenen Patente an Apple lizenziert hätte, wäre Apple bereit gewesen, einen 20-prozentigen Rabatt zu gewähren.

Gemäss Boris Teksler, verantwortlich bei Apple für Patentlizenzierungen, seien deutlich mehr Patente von Apple relevant für Android-Smartphones als umgekehrt. Man sei auch sehr erstaunt gewesen, dass Samsung als vertrauenswürdiger Partner einem plötzlich so in den Rücken fallen konnte.

Als die Verhandlungen ergebnislos blieben, entschied man sich, den juristischen Weg zu beschreiten.
Wäre Samsung auf die Forderungen von Apple eingegangen, so hätte der Konzern dieses Jahr 250 Millionen Dollar an Apple zahlen müssen.

Mit Microsoft hat Samsung bereits ein ähnliches Abkommen. Dort beträgt die Abgabe gemäss Insidern zwischen 10 und 15 Dollar pro Gerät.

Das Samsung Galaxy S wäre besser - wenn es wie das iPhone wäre

Zu den mächtigsten Waffen im Prozess gehören die internen Dokumente des Gegners, welche beide Seiten dem Gericht als Beweise unterbreiten. Apple zeigte dabei ein Memo von Samsung aus dem Jahre 2010, in welchem das GUI des iPhones mit demjenigen des Samsung Galaxy S verglichen wurde.
In diesem Dokument wird auf 132 Seiten das iPhone und das Galaxy S Punkt für Punkt verglichen. Nach jedem Punkt folgte eine Auswertung sowie eine Empfehlung der Tester. Die Empfehlung lautete meistens, dass wenn man das Galaxy S verbessern wolle, Elemente aus dem iPhone übernehmen sollte.

Auffällig ist die Detailversessenheit, welche Samsungs Experten an den Tag legten, um die beiden Smartphones zu vergleichen. Sie fokussierten sich dabei auf Sachen, welche für den Konsumenten vernachlässigbar zu sein scheinen.
So waren die Experten von der Gestaltung des «Beenden»-Buttons beim Telefonieren begeistert, weil dieser so gemacht sei, dass man keinen anderen Button drücken kann.
Beeindruckt waren sie auch vom «Doppelklick», nach welchem ein Text auf einer Webseite in der richtigen Grösse dargestellt wird. In den Anmerkungen finden sich noch viele weitere solcher kleiner Details, welche die Experten als gut gelungen beurteilten.

Samsung argumentiert, dass Samsung-Smartphones dem iPhones ähneln, aber trotzdem keine Kopien sind. Das Design sei eine Folge der Evolution, welche die Smartphone-Branche durchmacht.

Diese internen Daten legen jedoch den Schluss nahe, dass das betreffende Design nicht unbedingt eine logische Konsequenz der Evolution war, sondern vielmehr das Resultat guter Kopierarbeit.

Phil Schiller äussert sich zum Designprozess

Wie bereits oben beschrieben dreht sich vieles um die Frage, ob das Design des iPhones eine besondere Leistung der Designer ist oder ob die Form ein Resultat einer branchenweiten Evolution darstellt.

Im Prozess äusserte sich auch Apples Marketing-Chef Phil Schiller. Er bekräftigte dabei noch einmal den Ausspruch von Apple-Mitbegründer Steve Jobs, dass man keine Marktforschung betreibe.
Schiller meinte, dass man keine Inputs von Konsumenten während des Designprozesses miteinbeziehe. Es sei nicht die Aufgabe der Konsumenten, dies zu wissen und deshalb werden sie auch nicht gefragt, fügt er weiter an.

Fraglich ist jedoch der Wahrheitsgehalt dieser Aussage. Denn viele Funktionen, die in Jailbreaks anklang fanden, wurden früher oder später in iOS implementiert.

Ehemalige Designerin von Apple im Zeugenstand

Den Prozess gewinnt, wer die Jury am besten überzeugen kann. Dafür rief Apple die Designerin Susan Kare in den Zeugenstand. In den 80er Jahren war sie unter anderem für das «Happy Mac Logo» verantwortlich. Sie sollte darlegen, dass zwischen den Icons von Apple und Samsung kaum ein Unterschied besteht. Dazu meinte sie, dass die Icons von Samsung in vielerlei Hinsicht die Patente von Apple verletzen.

Diese Frage ist von zentraler Bedeutung, weil Apple einige Icons im Jahre 2010 als Marken schützen liess. Als Beweis präsentierte Apple Fotos, welche das patentierte iOS-Icon im Vergleich mit Android-Icons zeigen.

Susan Kare unterstrich ihre Aussage damit, dass sie während der Prozessvorbereitungen irrtümlicherweise anstelle ihres iPhones ein Samsung Galaxy-Smartphone aufhob. Dies zeige, dass sich die beiden Smartphones sehr stark ähneln.

Samsungs Anwalt Charles Verhoeven nahm die Designerin anschliessend ins Kreuzverhör. Er verglich dabei das Aufstarten des iPhones sowie des Galaxy SIII und fragte, wo hier die Ähnlichkeiten seien. Die Designerin liess sich jedoch auf keinen Schlagabtausch ein.

Bekannt ist Susan Kare auch als Designerin von Microsoft. Dort gestaltete sie diverse Icons für Windows XP.

Samsung wird von Richterin zurechtgewiesen

Samsung beschuldigte während des Prozesses Apple, Beweismaterial gefälscht zu haben.
Zuvor reichte Apple eine Fotografie des Samsung «Epic Touch 4G» als Beweismittel ein, bei welchem die Icons wie beim iPhone angeordnet sind.

Samsungs Anwälte reichten daraufhin ein Bild des Samsung «Epic Touch 4G» ein, welches in der Nacht zuvor aufgenommen worden sein soll. Auf diesem war ein anderes Layout abgebildet.

Richterin Lucy Koh zweifelte jedoch die Richtigkeit des Bildes an - dies vor allem aufgrund des Fehlens des Such-Buttons. Ausserdem passte das Datum auf dem Bild nicht mit den Daten auf dem abgebildeten Smartphone überein.

Apples Anwalt Michael Jacobs bestreitet das Fälschen des Bildes. Die Richterin lehnte den Einwand von Samsung ab.

Film «2001 - Odyssee im Weltraum» als Beweismittel abgelehnt

Samsungs Anwälte wollten mit Hilfe eines Filmausschnittes aus Stanley Kubricks Film «2001 - Odyssee im Weltraum» beweisen, dass Apples Design nichts neues ist. Damit wäre es nach der Argumentation von Samsung nicht schützenswert.
Im betreffenden Film werden von den Raumfahrern Geräte benutzt, die einem Tablet ähneln.
Das Gericht lehnte das Beweismittel jedoch mit der Begründung ab, dass es nicht ordnungsgemäss eingereicht worden ist.

Wieso Apple auf gebogenes Glas verzichtete

Immer wieder tauchen Gerüchte auf, dass ein kommendes iPhone über ein gebogenes Glas verfügen wird (macprime.ch berichtete). Der Industriedesigner Douglas Satzger, welcher von 1998 bis 2008 bei Apple in verschiedenen Positionen arbeitete, berichtet, dass es immer wieder Pläne für ein gebogenes Display gab.

Schlussendlich verwarf man alle diese Pläne aufgrund der Kosten und anderen Überlegungen. Die Technologie sei zu dieser Zeit noch nicht reif gewesen und die Qualität war nicht ausreichend, wie der Designer weiter ausführte.

Kopiert oder nicht - machen sie sich selbst ein Bild

Ob Samsung wegen Verletzung von Urheberrechten verurteilt wird oder nicht, hängt von einer Jury ab. Doch die Designanpassungen, welche Samsung nach dem Launch des iPhones durchgeführt hat, sind bemerkenswert. «PeanutbutterEggDirt» hat Samsungs Designanpassungen grafisch aufbereitet.

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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