Bericht: Die Macworld braucht Apple nicht
Zugegeben, der Titel dieses Artikels ist etwas gewagt und vielleicht mag ich auch falsch liegen oder der einzige mit dieser Ansicht sein - aber der Besuch der vor einer Woche zu Ende gegangenen Macworld in San Francisco hat diesen Eindruck bei mir hinterlassen.
Bestes Beispiel dafür, dass auch eine Macworld Conference & Expo ohne Apple abgehalten werden kann, war die diesjährige Macworld selbst. Apples Keynote war für viele schlicht enttäuschend. Es gab wohl kaum eine Keynote in Apples jüngster Vergangenheit, die solch viele enttäuschte Reaktionen hervor rief. Dabei ist es nicht einmal die Abwesenheit von Steve Jobs, sondern eher die Erwartungen der Community, die nicht erfüllt wurden.
Phil Schiller hatte wahrlich ein schweres Los, wenn nicht gar eine unmögliche Aufgabe, eine Keynote auf Jobs-Niveau abzuhalten. Viele waren denn auch nicht einmal unbedingt von den neuen Produkten enttäuscht, sondern eher von der Präsentation dieser. Unbestritten ist, dass Schiller nicht so glänzte, wie es Jobs jeweils bei seinen «Stevenotes» tat. Viel grösser ist jedoch der Topf mit jenen, die von der Keynote allgemein masslos enttäuscht waren. iLife und iWork seien Zwangsupdates, das neue teure MacBook Pro einfach nur ein Produkt, das bereits im Herbst mit den anderen Unibody-MacBooks hätte vorgestellt werden sollen. iTunes Plus sei sowieso absehbar gewesen und keineswegs den Status des überraschenden «One more thing» wert.
Kein Wunder sind die meisten in der Community enttäuscht, wurde das Wunschdenken doch im Vorfeld der Macworld einmal mehr viel zu hoch gesteckt. Dieses Problem zeigt sich bereits seit längerem: Im Vorfeld einer Keynote werden immer mehr unglaubwürdige Gerüchte verbreitet und wenn diese dann nicht eintreffen, dann sind viele enttäuscht, weil man eben stark mit diesem Produkt gerechnet hatte. Nach solch produktstarken Jahren wie 2007 und 2008 ist es nur verständlich, dass Apple 2009 mit Neuvorstellungen an der Macworld nicht wieder mit einem Produktefeuerwerk begonnen konnte. Zudem ist es wohl auch ganz direkt Apples Strategie - im Zusammenhang mit dem Rückzug von allen Messen inkl. der Macworld - nicht mehr auf definierte Daten neue Produkte vorstellen zu müssen. Entsprechend gering war deshalb wohl auch die «Ausbeute» der diesjährigen Macworld-Keynote (Ganz klar: einige Features in iLife und iWork - besonders in iPhoto, iMovie und iwork.com sind wirklich sehr gut und willkommen - aber der fade Nebengeschmack bleibt natürlich trotzdem).
Entsprechend unspektakulär war denn auch Apples eigener Booth an der Macworld. Für einmal bekamen deshalb die übrigen Aussteller am meisten Aufmerksamkeit - immerhin über 500 in ihrer Anzahl. Der Geist der Macworld war dieses Jahr vielleicht sogar stärker als in anderen Jahren. Ich habe mit anderen Expo-Besuchern gesprochen und dabei haben einige Apples unspäktakuläre Neuheiten als Pluspunkt für alle anderen Aussteller genannt: «So bleibt mehr Aufmerksamkeit für den Kleinen.» So war es dann auch. In der Frage, wie es denn mit der Macworld weiter gehen wird, ist man sich überall einig: Man weiss es noch nicht. Dass das Fernbleiben von Apple nach den zahlreichen anderen Messen (als Beispiel sei die dieses Jahr nicht mehr stattfindende Apple Expo in Paris genannt) auch der Macworld an den Kragen gehen könnte, ist eine verbreitete Ansicht. Man möchte sich jedoch noch nicht festlegen, sondern wartet noch ab, ob man auch nächstes Jahr wieder an die Macworld gehen wird - so die Aussage von fast allen Ausstellern wie auch Besuchern. Auch wenn die Unsicherheit, besonders bei den Ausstellern, natürlich verständlich ist, zeigte doch die diesjährige Macworld, dass es auch ohne Apple geht. Auch wenn Apple noch mit von der Partie war - irgendwie.
Die Macworld ist eine unglaublich gute Austauschplattform für Aussteller und Besucher - sprich für die Community. Die Community kann an der Expo nicht nur neue Produkte entdecken, sondern auch die Personen hinter den Produkten kennenlernen. Die «kleinen Stände» sind dabei am interessantesten. All die kleinen Tools, die man kennt oder vielleicht sogar selbst täglich benutzt bekommen so schlagartig ein Gesicht. Dies ist eine der grossen Pluspunkte der Macworld - man trifft Mac-Entwickler und -Persönlichkeiten aus der ganzen Welt an. Die Macworld ist DAS Zusammentreffen der Mac-Community schlechthin.
Neben der (nun sicher zum letzten Mal stattgefundenen) Keynote und der Expo sind natürlich auch die Konferenzen ein fester Teil der Macworld. Auch hier sieht man das Potential der Macworld, auch wenn Apple selbst nicht dabei ist. Nirgends sonst findet man eine solch kompakte Ansammlung von Seminaren und Vorträgen rund um den Mac. Doch auch «Talks» mit Persönlichkeiten aus der Mac-Community suchen ihresgleichen.
Ich für meinen Teil bin überzeugt, dass auch eine Macworld ohne Apple überleben kann. 2009 war das perfekte Beispiel dafür.
Von Stefan Rechsteiner
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5 Kommentare
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