Apples Interpretation von «Pro»

Ken Segall, ehemaliger Creative Director bei Apples Werbeagentur «TBWAChiatDay» und dabei mitverantwortlich für die «Think Different»-Kampagne, hat sich in seinem Blog «Ken Segalls’s Observatory» über Apples «Pro»-Produkte geäussert und wie sich deren Bedeutung für das Unternehmen im Laufe der Jahre verändert hat.

Steve Jobs habe gemäss den Aussagen von Segall ernsthaft darüber nachgedacht, die gesamte Pro-Linie auslaufen zu lassen. Steve Jobs zweifelte an der Weiterführung der Pro-Produkte, als sich der iMac zum internationalen Beststeller entwickelte. Für Steve Jobs kosteten die Pro-Produkte zu viele Ressourcen, während diese lediglich von einem Nischenpublikum erworben wurden. Die Produkte für die privaten Verbraucher hingegen seien in der Entwicklung weniger aufwendig und haben ein grösseres Wachstumspotential.
Andererseits gehören viele Pro-Nutzer zu den Meinungsführern und können so zu einem positiven Image der Produkte beitragen.

Schlussendlich hat sich Apple dazu entschlossen, die Produktion der professionellen Geräte weiterzuführen. Allerdings kam es zu einer grundsätzlichen Änderung bei der Philosophie, welche hinter den professionellen Produkten stecke. Auf der einen Seite wurde die Nutzung der Produkte vereinfacht und bei einigen Produkten der Preis gedrückt. Auf der anderen Seite sank der Funktionsumfang und die Möglichkeit der Indivdualisierbarkeit. Die grundlegenden Komponenten der jeweiligen Produkte blieben aber genauso professionell und leistungsvoll wie zuvor, während Apple bewusst auf bestimmte Funktionen verzichtet hat.
Beispielsweise wird sich der neue Mac Pro kaum noch intern erweitern lassen, während sich die Vorgängermodelle noch problemlos intern aufrüsten liessen. Dank der neuen Thunderbolt-2-Schnittstelle lassen sich allerdings externe Speicher auf einfache Weise an den Mac Pro anschliessen. Die Anbindung neuer Geräte wird so deutlich vereinfacht.
Diese Verschiebung der Philosophie hat einigen Nutzer nicht gepasst, während sich die meisten professionellen Nutzer über die einfacheren Produkte freuen dürften. Zudem ist beispielsweise das neue «Final Cut Pro X» auch für ambitionierte Hobby-Filmer attraktiv, welchen der Einstieg in die Welt der professionellen Programme erleichtert wird.

In den letzten Jahren gab es immer wieder Klagen von Pro-Nutzern, welche sich über Apples Produktpolitik bei den Pro-Produkten beschwerten. Während das Unternehmen laufend neue Produkte für die privaten Nutzer auf den Markt bringt, bleibt die Entwicklung bei den Pro-Produkten eher zurück. So wird der aktuell noch in den USA verfügbare alte Mac Pro ohne den schnellen Thunderbolt-Anschluss ausgeliefert, obwohl bereits der günstigste Mac — der Mac mini — über einen solchen verfügt. Tim Cook musste bereits im Jahr 2012 einen Nutzer mit der Ankündigung beruhigen, dass im Jahr 2013 etwas «wirklich grossartiges» für Mac-Pro-Nutzer kommen wird.
Auch die langen Update-Zyklen seien für einige Pro-Nutzer eine Zumutung. Während Apples professionelles Foto-Programm «Aperture» seit über drei Jahren kein grösseres Update mehr erhielt, überarbeitet Apples Konkurrent Adobe den Lightroom jedes Jahr mit sichtbaren Verbesserungen.

Mit der Präsentation des neuen Mac Pro sowie der Lancierung von «Logic Pro X» und «Final Cut Pro X» hat Apple in diesem Jahr ein kraftvolles Signal gesendet, dass die professionellen Nutzer nicht vergessen worden sind. Es wird sich zeigen, ob es Apple gelingen wird, eine Mehrheit dieser Nutzer für die neue Philosophie zu begeistern.
Schlussendlich handelt es sich bei der Frage «Pro oder Consumer» um Apples «ewiges Problem», wie wir bereits 2008 in unserer Kolumne «Apple loves Pros» geschrieben haben.

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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1 Kommentar

Kommentar von tomtom

Den Pro Markt als Problem zu sehen ist kurzsichtig. Die Pro-Kunden sind die stabileren Kunden als die Consumer. Der Consumer-Markt ist viel volatiler und unberechenbarer. Was heute auf dem Consumer-Markt in ist, ist morgen vielleicht out. Microsoft hat seine Vorrangstellung in erster Linie Wegen den Geschäftskunden. Diese sind oft so untereinander mit Windows Software vernetzt, dass ein Wechsel fast unmöglich oder nur mit immensem Aufwand erfolgen kann. Apple sollte aus meiner Sicht die Pro-Schiene als stabilen und werbemässigen ‘state of the art’ Kern pflegen.

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