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Apple vs. FBI: Heute beginnt der Showdown vor Gericht (Update)
Heute Dienstag zieht der Fall «Apple vs. FBI» vor Gericht. Die beiden Parteien müssen für eine mündliche Anhörung vor dem Bundesbezirksgericht in Los Angeles erscheinen. Vor zwei Wochen fanden Anhörungen vor einem Ausschuss des US-Kongresses statt. Seit Mitte Februar tragen die beiden den Fall öffentlich aus.
Die bisherigen Artikel zum Thema «Apple vs. FBI»
- Apple widersetzt sich FBI — keine Hilfe bei iPhone-Entschlüsselung
- Mittwoch, 17. Februar 2016
- Apple vs. FBI: Die technischen Aspekte
- Donnerstag, 18. Februar 2016
- Apples kritisches Signal an den Rechtsstaat
- Donnerstag, 25. Februar 2016
- Alle wichtigen Fakten und Stationen des Falls «Apple vs. FBI»
- Dienstag, 01. März 2016
- Erste Anhörungen und neue Details im Fall «Apple vs. FBI»
- Montag, 14. März 2016
- Apple vs. FBI: Heute beginnt der Showdown vor Gericht
- Dienstag, 22. März 2016
Update: Showdown vertagt
Die für heute angesetzte Anhörung in Los Angeles ist kurzfristig auf «unbestimmt» vertagt worden. Die Behörden wollen nun versuchen das iPhone womöglich durch Dritte hacken zu lassen. Apple müsste dann nicht helfen, wodurch die gerichtliche Anordnung, auf welcher der Streit beruht, hinfällig würde — vorerst wird sie deshalb bis auf weiteres ausgesetzt.
DOJ will iOS-Source-Code
Das US-Justizdepartement ist der Auffassung, dass es unter den gegebenen Voraussetzungen von Apple den Quellcode von iOS sowie den Schlüssel für die OS-Verteilung verlangen kann. Dies geht aus einer Fussnote aus der jüngsten Gegenschrift der US-Behörde hervor. Die Drohung des DOJ gegen Apple soll dem iPhone-Hersteller eine Alternative bieten, in der das Unternehmen nicht so viel machen müsse wie wenn das Unternehmen die Hintertüre selbst in das System einschliessen müsste. Mit dem iOS-Quellcode und dem Verteil-Schlüssel könnten die Behörden selbst eine Umgehung der Sicherheitsvorkehrungen des iPhones entwickeln — diese Version könnte die Behörden dann aber auch für andere Geräte nutzen.
Finale schriftliche Stellungnahme von Apple
In einer letzten schriftlichen Antwort von Apple auf das Begehren des FBI und des US-Justizdepartements zweifelt der Mac-Hersteller erneut die gesetzliche Grundlage des Begehrens an. Auf 33 Seiten wirft Apple der Regierung vor, keine Verständnis für Technologie zu haben und dass es sich hierbei nicht um etwas für «nur ein iPhone» handelt, sondern um das Setzen eines potentiellen Präzedenzfalles. Weiter rechtfertige das über 200 Jahre alte Gesetz, auf welches sich das FBI beruft, das Begehren nicht. Der «All Writs Act» könne nicht so weit ausgedehnt werden und damit einfach die Geschichte neu geschrieben werden, so Apple im Schreiben. Die Ermittler des FBI sollen etwas verlangen, was das US-Parlament bisher ausdrücklich nicht gewährt habe. Apple argumentiert, die Gründerväter der USA wären über diesen Fall «entsetzt».
Bericht: Bald auch iCloud-Daten stark verschlüsselt?
Erneut heisst es in einem Bericht, dass Apple nun auch die iCloud-Daten noch stärker verschlüsseln wolle. Demnach soll es dadurch bald unmöglich werden, diese Nutzerdaten an Dritte herauszugeben. Bisher kann Apple auf die Daten in der iCloud zugreifen — und muss diese auf rechtsgültigen Beschluss an Strafverfolger ausliefern. In Apples Kampf für die Privatsphäre und den Datenschutz für den Nutzer, sollen nun also auch die iCloud-Daten so gut verschlüsselt werden wie die iOS-Daten, sodass auch hier nicht einmal mehr Apple darauf zugreifen kann. Entsprechende Gerüchte machten bereits Ende Februar die Runde im Internet.
CALEA statt All Writs Act
Das FBI beruft sich bei seinem Begehren auf den «All Writs Act» — das US-Justizdepartement schliesst dem an. Apple hingegen ist der Meinung, dass in diesem Fall der «Communications Assistance for Law Enforcement Act», kurz CALEA, angewendet werden sollte. Auch Harvards Jura-Professorin Susan Crawford — ihres Zeichens frühere «Special Assistant» für Präsident Obama — sieht es so wie Apple. Das Unternehmen argumentiert, dass das CALEA ein Gesetz sei, das ausdrücklich für das vorliegende Szenario gilt. Die Behörden hätten damit keine Macht, Apple dazu zu zwingen, iOS umzuschreiben und gewollt unsicherer zu machen.
Tim Cook im TIME-Interview
In einem ausführlichen Interview mit dem Magazin TIME zieht Apple CEO über das FBI-Begehren her und zeigt sich über den Fall schockiert. Die USA sei das einzige Land auf der Welt, welches von Apple eine Software verlange, die die iOS-Schutzmassnahmen ausheble. Irritiert zeigt sich Cook darüber, denn die USA sollten seiner Auffassung nach doch «ein Leuchtturm der Bürgerrechte» sein.
Es sei «Quatsch», dass die iPhone-Verschlüsselung Terroristen erlaube im Geheimen zu agieren. «Going dark», wie es im Englischen heisst, sei auch dann möglich, wenn die US-Regierung Apple und Co. die Verschlüsselung verbieten würde — die Terroristen würden dann einfach auf andere Verschlüsselungstechniken ausweichen. «Verschlüsselung ist überall», sagt der Apple-Chef. Und eben diese Verschlüsselung sei entscheidend zum Schutz der persönlichen Daten aller Nutzer.
Jeder hinterlasse unzählige Datenspuren. Nie habe es mehr Informationen über jede Person gegeben als heute, so Cook. «Wir leben im goldenen Zeitalter der Überwachung.» Das ändere sich auch nicht, wenn Nutzer sich verschlüsselte Mitteilungen zusenden.
Cook zeigt sich überzeugt davon, dass im Fall die richtige Entscheidung getroffen werde. Er sieht den Ball beim Kongress, welcher hier entscheiden müsse. Der Fall habe «immense Auswirkungen» in den unterschiedlichsten Bereichen — die öffentliche und nationale Sicherheit, Cyber-Security, die Bürgerrechte und die Privatsphären müssen allesamt bedacht werden, so Cook.
Apple kämpfe deshalb nun einen «guten Kampf» mit der US-Regierung. Dieser trage das Unternehmen nicht nur für die eigenen Kunden aus, sondern «für das ganze Land», so Cook. Sein Unternehmen sei nun in die «bizarre Lage» geraten, die Bürgerrechte gegen die Regierung des Landes verteidigen zu müssen.
Apple-Angestellte: Lieber kündigen als GovtOS bauen
Einem Bericht der New York Times zufolge, würden etwa ein halbes Dutzend «hochrangige Apple-Angestellte» lieber ihren Job beim iPhone-Hersteller kündigen, als dem FBI-Begehren nachzukommen ein iOS mit Hintertüre (im Internet mittlerweile «GovtOS» genannt) zu bauen.
«Apples Kampf betrifft uns alle»
In einer gemeinsamen Stellungnahme unterstützen die Electronic Frontier Foundation, kurz EFF, die Amerikanische Bürgerrechtsunion ACLU und Access Now Apples Kampf gegen die US-Behörden: «Wir rufen die Obama-Administration an, dem Ratschlag von neutralen Sicherheits-Experten und -Ingenieuren zu folgen und das Begehren zurückzuziehen, unsere aller Sicherheit mit Hintertüren in unserer Software, mit Master-Keys für das Aufschliessen unserer digitalen Daten oder mit dem Druck auf Unternehmen ihre Sicherheit zu verschlechtern, zu untergraben.»