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Was haben wir 2005 über Apple gelernt?

Ein subjektiver Jahresrückblick

2005 war ein ereignisreiches Jahr für Apple und für alle, die sich für die Firma aus Cupertino interessieren. Was jetzt folgt ist nicht ein Jahresrückblick im eigentlichen Sinne, sondern bloss ein persönlich-subjektiver Blick zurück auf die vergangenen zwölf Monate und die Schlüsse, die sich aus der Entwicklung Apples ziehen lassen.

Thomas Zaugg

1. Apple hört auf berechtigte Kritik und zieht die richtigen Schlüsse daraus.

Lange Zeit glaubte man, Apple (in der Person von Steve Jobs) würde stur auf eigenen Positionen beharren und dadurch möglicherweise wichtige Entwicklungen verschlafen. In Tat und Wahrheit ist Apple aber flexibel genug, um über den eigenen Schatten zu springen, ja die Firma versteht es sogar, den richtigen Zeitpunkt für solche Entscheidungen abzuwarten. Als gutes Beispiel dafür möchte ich die Einführung des Mac mini anführen. Schon lange forderten Kritiker und Mac-Fans die Einführung eines günstigen Macs ohne eingebauten Monitor. Als Apple Anfang Jahr diese Forderung endlich erfüllte, stellte sich die Frage, wieso Apple so lange gewartet hatte. Gewiss hätte Apple schon früher einen Mac für unter 500 Dollar einführen können, doch wollte Apple nicht irgend eine billige Kiste auf den Markt werfen, die um den Titel «The Ugliest Computer on Earth» gekämpft hätte. Vielmehr wollte man der Öffentlichkeit und der Konkurrenz einmal mehr beweisen, über welch grosse Kreativität die Designabteilung Apples verfügt. Zudem wäre das Echo auf einen «Billig-Mac» in der Vergangenheit weniger gross gewesen, denn die Firma mit dem angebissenen Apfel stand aufgrund des enormen Erfolgs des iPods (und, in etwas geringerem Masse, der Macs und Mac OS X) in den vergangenen 24 Monaten viel stärker im Rampenlicht als noch vor drei, vier Jahren.

2. Apple ist in der Lage, die Film- und Musikindustrie nachhaltig zu verändern.

Obwohl Apple Computer Inc. eigentlich ein Hersteller von Computer-Hard- und -software ist, ist das Unternehmen dank iPod und iTunes längst zu einem wichtigen Bestandteil des Musik-Business geworden. Apple scheint es gelungen zu sein, die Produkte zur Marktreife gebracht zu haben, die musikliebende Kunden haben möchten. Mittlerweile gehört iTunes zu den wichtigsten Musik-Absatzkanälen in den USA und der iPod dominiert den Markt für digitale Musik-Player stärker denn je, obwohl die Konkurrenz bestimmt auch nicht schläft. Mit der Einführung des iPods mit Videofunktion und dem Verkauf von Musik-Videos und TV-Serien über den iTunes Music Store hat Apple die ersten zaghaften Schritte in Richtung Online-Filmverkauf gemacht. Dass Apple dabei die Videofunktionalität des iPods der fünften Generation bloss als «Bonus» betrachtet und den iPod auch in diesen Tagen primär als Musik-Abspielgerät vermarktet, hat nichts mit falscher Bescheidenheit, sondern mit Realismus zu tun: Der iPod in seiner aktuellen Form würde nämlich nicht zum stundenlangen Filmgenuss taugen, dafür sind Design, Display und Batterie nicht ausgelegt. Apple wäre sicher in der Lage, schon heute ein portables digitales Videoabspielgerät zu verkaufen, doch sind sich die Verantwortlichen bewusst, dass ein solches Gerät wohl eher zum Ladenhüter als zum Renner des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts geworden wäre. Der Grund dafür: «No one has the content» (Niemand hat die Inhalte). So lange es nicht möglich ist, legal gekaufte Video-DVDs zu rippen und auf ein portables Gerät zu kopieren oder Filme direkt im Netz zu kaufen, ist der Kreis potentieller Käufer eines solchen Gerätes zwangsläufig sehr, sehr klein. Es ist davon auszugehen, dass Apple bereits daran arbeitet, über die iTunes-Plattform irgendwann einmal Hollywood-Streifen zu verkaufen. Doch bis es soweit ist, dürfte noch einige Zeit vergehen. Wenn es gelingt, das Konzept des iTunes Music Store auch beim Verkauf von Filmen umzusetzen, wird Apple im Film-Business ebenfalls ein wichtiger Faktor werden.

3. Apple scheut sich nicht, schwierige, zukunftsweisende Schritte zu beschreiten.

Man kann über die Entscheidung, alle Macs bis (spätestens) Mitte 2007 mit Intel-Prozessoren auszurüsten, denken wie man mag, die Tatsache, dass diese schwierige Entscheidung mit allen damit verbundenen Risiken zu einem Zeitpunkt, als sich Apple auf den Lorbeeren hätte ausruhen können, getroffen wurde, zeigt, dass man in Cupertino nicht kurz-, sondern langfristig denkt. Ob sich der Mut zum Risiko letztlich auszahlt, wird die Zukunft zeigen. Trotzdem ist Mut zum Risiko in einem volatilen Markt wie dem Computer-Business eine wichtige Voraussetzung, um bestehen zu können.

4. Apple ist immer wieder für (positive) Überraschungen gut.

Viele Produkte, die Apple in diesem Jahr vorstellte, hatte so niemand erwartet. Ob iPod nano oder neuer iMac, Apple scheint einen guten Riecher dafür zu haben, welche Produkte am Markt gut ankommen werden. Noch viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass es der Firma offenbar gelungen ist, die Entwicklung neuer Produkte bis zur Vorstellung geheim zu halten und die Öffentlichkeit zu überraschen. Dies garantiert grosse Publicity und einen entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Apple gelingt es zudem auch noch, bestehende Produkte zu verbessern. Dass Mac OS X «Tiger» noch besser wurde als die Vorgängerversion «Panther» schon war, ist auch keine Selbstverständlichkeit.

5. Apples Zukunft ist mehr als rosig.

Die letzten zwölf Monate haben gezeigt, dass Apple auf dem richtigen Weg ist und gute Chancen hat, die momentane Erfolgssträhne noch einige Zeit fortsetzen zu können. Wir dürfen gespannt sein, was Apple für 2006 alles plant. Bevor es soweit ist, möchte ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr wünschen.