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Warum eine sorgfältig geplante Lizenzierung von Mac OS X eine gute Sache wäre
Enisschen Blasphemie kann nicht schaden
Eine der Fragen, die in der Mac Community immer wieder diskutiert wird, betrifft die Lizenzierung von Mac OS X an Dritthersteller. Die Veteranen werden sich noch erinnern, das Apple diese Strategie in den Neunziger Jahren bereits einmal verfolgte, ohne grossen Erfolg allerdings. Als Steve Jobs zu Apple zurückkehrte, kündete er alle diese Verträge und Mac OS war wieder fest an Apple Hardware gekoppelt. Trotzdem verschwand dieses Thema nie aus dem Blickwinkel der Mac Gemeinde. Seit Michael Dell als erster PC Hersteller öffentlich Interesse an Mac OS X signalisierte, wird die Frage über Sinn oder Unsinn eines solches Schrittes heftig diskutiert.
Die erste Antwort, die man auf die Frage, ob Apple Mac OS X an Dritthersteller lizenzieren soll, erhält, lautet immer, Apple würde den grössten Teils des Umsatzes mit dem Verkauf von Hardware machen, weshalb dieser Schritt früher oder später den Untergang des Mac Herstellers bedeuten würde. Es stimmt, dass der Hardwareverkauf eine grosse Bedeutung hat, allerdings ist sein Anteil in den vergangen Monaten kontinuierlich gesunken, dem iPod sei Dank. Da sich insbesondere die PowerMacs nicht mehr besonders gut verkaufen und auch bei den PowerBooks keine grossen Steigerungen mehr zu erwarten sind, wird sich dieser Trend wohl fortsetzen. Auch wenn dann von auszugehen ist, dass sich die Situation nach Einführung der ersten Intel Macs kurzfristig ändern wird, muss man kein Prophet sein, um zu erkennen, dass sich Apple immer mehr zur Software- und Multimedia-Firma entwickelt.
Der Wechsel der Prozessorarchitektur ermöglicht Apple ein Ausbrechen aus der Niche, in der man sich seit den schweren Zeiten, die das Unternehmen in den Jahren vor der Rückkehr Steve Jobs durchmachte, befand und die man gleichzeitig nutzte, um sich neu ausrichten zu können. In Zukunft wird es technisch möglich sein, Mac OS X auf Standard Hardware laufen zu lassen. Apple betont zwar, man werde die Nutzung des Betriebssystem auf Rechnern von Drittherstellern nicht erlauben, dennoch schliesst dies eine Lizenzierung an ausgewählte Partner nicht aus.
Die Aussage Michael Dells kommt nicht überraschend, Berichte, wonach drei grosse PC-Hersteller Steve Jobs zur Lizenzierung von Mac OS X bewegen wollten, gab es schon seit einiger Zeit. Neu ist nur, dass ein Hersteller öffentlich Interesse an Apples Betriebssystem zeigt. Viele Konkurrenten Dells denken offenbar ähnlich nur sagen sie es aus Angst, den allmächtigen Softwareriesen aus Redmond zu verärgern, nicht laut. Dell, als weltweit grösster PC-Hersteller, hat solche Probleme natürlich nicht, Microsoft wird wohl kaum auf Dell verzichten wollen.
Wieso interessieren sich Dell und die anderen Hersteller überhaupt für Mac OS X? Die Schwierigkeiten, die Microsoft mit der Sicherheit von Windows hat und die Tatsache, dass die nächste Version des Betriebssystem immer weiter hinausgeschoben wird und gleichzeitig immer mehr Features gestrichen, bzw. auf noch später verschoben werden, gehen natürlich nicht spurlos an der Hardware-Industrie vorbei. Auch wenn die Absätze von PCs immer noch stetig ansteigen, so sind die erwähnten Probleme trotzdem nicht förderlich fürs Geschäft. Zudem dürfte die einseitige Abhängigkeit von Microsoft vielen Unternehmen ein Dorn im Auge sein. Es gibt also gute Gründe, sich nach Alternativen umzusehen. Bislang bestanden diese vor allem aus Linux. Es ist ein offenes Geheimins, dass viele PC-Hersteller, Dell eingeschlossen, viel Geld in die Entwicklung des offenen Betriebssystems investiert haben, ohne bis jetzt wirklich Erfolg zu haben. Die verschiedenen Linux Distributionen werden zwar mit jeder Generation besser, ausgereift ist die Plattform noch nicht. Das Fehlen kommerzieller Software und die mangelhafte Hardwareunterstützung von Notebooks scheint ein zu grosses Handicap zu sein, um ein valable Alternative zu Windows zu werden. Mac OS X kennt diese Probleme freilich nicht, mit der Einführung von Intel Prozessoren verbessert sich die Ausgangslage für unser geliebtes Betriebssystem sogar noch. An Mac OS X interessierte PC-Hersteller müssten nicht Geld in die Entwicklung von Computern mit PPC-Chips investieren.
Zurück zu Apple, was wären die Folgen für das Unternehmen, wenn man das eigene Betriebssystem lizenzieren würde? Um diese Frage beantworten zu können, muss man sich mit den Auswirkungen auf den Absatz von Macs beschäftigen. Problematisch wäre ein solcher Schritt vor allem dann, wenn die heutigen Mac User in Zukunft keine Computer aus dem Hause Apple mehr kaufen würden, sondern zu Alternativprodukten von Dell und anderen greifen würden. Kurzfristig wäre Apple als reine Software Firma wahrscheinlich nicht überlebensfähig. Wie ich die Situation sehe, glaube ich nicht, dass die treue Kundschaft plötzlich Dell Rechner kaufen würde, der Preisunterschied müsste schon signifikant sein, damit viele von uns überhaupt einen solchen Kauf erwägen würde. Apple könnte mittels vertraglicher Abmachungen (und technischer Vorkehrungen) sicherstellen, dass die Lizenznehmer Mac OS X nicht mit Billigrechnern anbieten. Bei gleichem Preis stellte sich die Frage, Apple oder Dell für viele heutige Mac User überhaupt nicht, Apple würde also kaum etwas verlieren. Wenn Dell einen Rechner, auf dem Mac OS X und Windows laufen, anbieten würde, würden sich wohl einige an Mac OS X interessierte Windows User, die aber auf ihr Windows nicht verzichten wollen oder können und kein Interesse an Apple Hardware haben, einen solchen PC zulegen. Jede Mac OS X Lizenz, die Apple so verkaufen könnte, wäre eine zusätzliche Einnahme. Dell auf der anderen Seite, hätte etwas, was dem Grossteil der Konkurrenz (wenn man davon ausgeht, dass Apple wohl Mac OS X nur ausgewählte Partner lizenzieren würde) nicht bieten kann, es würde sich also um eine Win-Win-Sitaution handeln. Zudem könnte man Dell vielleicht dazu bewegen, den Verkauf von iPods wieder aufzunehmen.
Was wären die Folgen für Mac OS X? Wer glaubt, eine Lizenzierung an Dell und andere würde den Marktanteil unseres Betriebssystems über Nacht auf schwindelerregende Höhen treiben, verkennt die Realität. Warum Mac OS X nicht über Nacht 20, 30 oder noch mehr Prozent Marktanteil erobern kann, liegt darin, dass viele Leute einen PC mit Windows kaufen, weil sie an ihrem Arbeitsplatz einen Windows-Rechner stehen haben und mit Müh und Not die elementare Bedienung eines PCs erlernt haben und daher keine Interesse zeigen, sich in Mac OS X einzuarbeiten, auch wenn dieses Windows überlegen ist. Zweitens, die Vorherrschaft bei den Firmen-Rechern hat Apple längst verloren. Ganze Armeen von Supportern würde über Nacht arbeitslos, wenn eine grosse Zahl von Firmen auf Mac OS X umstellen würden. Wie wir alle wissen, benötigen Macs (das gleiche würde wohl auch für Dell PCs mit Mac OS X gelten) weniger Support als Windows Rechner. Viele dieser Supporter kennen nur Windows und müssten ihre Ausbildung teilweise nochmals von vorne beginnen. Aus diesen Gründen würde man sich in den jeweiligen IT-Abteilungen mit Händen und Füssen gegen einen Wechsel zu Mac OS X wehren. Anderseits gibt es viele KMUs, die ihre Hardware-Infrastruktur bei einem allfälligen Wechsel zu Windows 2007, alias Longhorn, erneuern müssten. Da solche Unternehmen so oder so Geld in die Hand nehmen müssen, könnte ein Umstieg auf Mac OS X zur Alternative werden. Im Gegensatz zu Apple verfügt Dell über den nötigen Kundenstamm bei den Firmenkunden. Wie sieht es mit den Viren aus, würden wir nicht bei einem grösseren Marktanteil auch von diesen Schädlingen bedroht werden? Ich glaube nicht, denn selbst wenn Mac OS X einen weltweit einen Marktanteil von 10% erreichen würde, was immerhin eine Verfünffachung wäre, wäre OS X für die meisten Viren-Programmierer immer noch nicht interessant genung, wenn man an die restlichen knapp 90% denkt, die immer noch mit Windows arbeiten. Ein weiteres Argument, dass man gegen einen solchen Schritt ins Feld führen könnte, nämlich die Tatsache, dass Mac OS X viel weniger Hardware-Komponeten unterstützen muss, was Kompatibilitätsprobleme, wie sie in der Windows Welt immer weider auftreten, verhindern, lässt sich ebenfalls leicht entkräften. Apple könnte mit entsprechenden Abmachungen mit den Partnern sicherstellen, dass diese nur ausgewählte Komponenten verwenden. Gleichzeitig könnte man ein solche Partnerschaft nutzen, um gemeinsam gewisse Bestandteile, wie Mainboards, zu entwickeln.
Fazit
Wenn eine Lizenzierung von Mac OS X an ausgewählte Dritthersteller sorgfältig geplant wird, wäre dies sicher ein ein guter und wichtiger Schritt, der den Erfolg Apples über Jahre hinweg sichern könnte. Alle diese †berlegung sind allerdings rein hypothetisch, das Apple sein Betriebssystem momentan für sich behält. Ob dies immer so bleiben wird, wird sich zeigen. Noch vor kurzem hätte ich einen solchen Schritt für absolut ausgeschlossen gehalten, doch seit der Ankündigung des Architekturwechsel, wissen wir, dass nicht nur bei einem japanischen Autohersteller nichts unmöglich ist, sondern dass dieses Motto auch auf den kalifornischen Computer-Hersteller zutrifft.