Schichtwechsel

Apples iMac auf dem Weg nach oben

Endlich ist er da, der neue iMac! Lange mussten wir warten, doch offenbar hat sich die Warterei gelohnt. Obwohl die wichtigsten Änderungen - ich denke da vor allem an das neue Aluminiumkleid und an den Wegfall des 17-Zoll-Modells - schon seit Wochen kein Geheimnis mehr waren, konnte Apple die Spannung im Vorfeld des Special Events ohne Mühe hochhalten. Mit einem Alter von neun Jahren ist der iMac die älteste Produktlinie in Apples Portfolio. Doch seine Anziehungskraft ist ungebrochen, trotz seiner Reife hat der iMac nichts von seiner Faszination eingebüsst. Was ist am iMac so einzigartig und wie gut sind die neuen Modelle wirklich?

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Ist es Zufall, dass der iMac als einzige Produktlinie den Intel-Switch unbeschadet überstanden hat? Während das iBook, das PowerBook und auch der Power Mac längst Vergangenheit sind und auch der Mac mini den Intel-Switch nicht heil überlebt hat, ist der altehrwürdige iMac heute attraktiver denn je. Wie lässt sich das erklären?

Steve Jobs traf in seiner Ansprache sicherlich den Kern, als er den Erfolg des iMacs auf sein All-in-one-Konzept zurückführte. All-in-one-Computer haben eine lange Tradition bei Apple, schliesslich basierte bereits der allererste Mac auf diesem Konzept. Mac-Anwender wissen die Vorteile dieser Computerphilosophie also schon lange zu schätzen. Doch nicht nur die Geschichte der All-in-one-Macs reicht weit zurück, sondern auch die Kritik an diesem Konzept. Von Anfang an waren die All-in-one-Macs umstritten. Zu teuer, zu leistungsschwach, zu unflexibel und zu schlecht erweiterbar; so oder ähnlich fiel das Verdikt vieler Skeptiker und Kritiker aus.
Diesen Vorwürfen konnte sich auch der erste iMac nie entziehen. Von PC-Freaks gerne als Hausfrauencomputer betitelt, spaltete der iMac jahrelang die Meinungen der Anwender.

Diesen Status hat der iMac nun überwunden. Apple hat es geschafft, dem All-in-one-Konzept zu neuer Blüte zu verhelfen. Rückblickend ist die Wandlung des iMacs sehr beeindruckend. Aus einem Computer mit vielen Kompromissen wurde ein Computer ohne Schwächen. Aus einem Computer für Anspruchslose wurde ein Computer für alle Ansprüche.
Die Grundlage dieser Entwicklung bildete die permanente Produktpflege, die Apple in den vergangenen Jahren am iMac betrieb. Es war kein radikaler Wandel, sondern die konsequente Verbesserung, welche den iMac so gut werden liess. Der iMac war der erste Mac mit integrierter iSight, der erste Mac mit Front Row, der erste Mac mit Intel-Prozessor. In den vergangenen drei Jahren erhielt der iMac bei jeder Überarbeitung schnellere Prozessoren und neue Grafikkarten. Die Displaygrösse wuchs von ursprünglich 15 Zoll über 17 Zoll zu heute 20 und 24 Zoll.

All diese Innovationen haben sich ausbezahlt. Der aktuelle iMac ist für nahezu sämtliche Einsatzzwecke geeignet. Er macht nicht nur als Heimcomputer oder Büromaschine eine gute Figur, sondern taugt auch als Rechenknecht für Profis. Und damit haben wir den Kern der aktuellen Entwicklung getroffen: Der iMac ist nicht einfach nur besser geworden, er spricht auch ganz neue Käuferschichten an. Vom Niedrigpreissegment hat sich der iMac schon längst verabschiedet, seine neue Bestimmung ist die gehobene Mittelklasse.
Es wird immer offensichtlicher, dass Apple sich bewusst aus den Preiskämpfen für Einsteigercomputer heraushält. Apple konzentriert sich wieder vermehrt auf das lukrative Premiumsegment. Das scheint sich auszubezahlen. Mit Stolz verkündete der Apple-Chef bei der Präsentation des iMacs, dass die Absatzzahlen der Macs im letzten Jahr um 30 Prozent gestiegen sind - bei einem Wachstum des Gesamtmarktes von lediglich rund 10 Prozent. Eine eindrückliche Bilanz! Doch noch viel beeindruckender wird es, wenn man sich vor Augen hält, dass die meisten PC-Hersteller das Stückzahlenwachstum nur durch Preisabschläge erreichen. Apple hingegen verzichtet auf das Drehen an der Preisschraube. Apple ist von den eigenen Produkten überzeugt und verlangt dafür auch eine ordentliche Stange Geld.

Vor einem Jahr hatte Apple die iMac-Produktfamilie um ein abgespecktes Tiefpreismodell erweitert. Es verkaufte sich so gut, dass Apple es vor Schreck gleich wieder für einige Wochen aus dem Verkauf nahm. Seit letzter Woche gehört dieser Tiefpreis-iMac nun endgültig der Vergangenheit an - obwohl er hervorragende Kritiken erhielt und äusserst begehrt war. Eine offizielle Begründung für dieses Vorgehen existiert nicht. Ich glaube, dass Apple diesen Schritt vollzogen hat, um die neue Marktpositionierung des iMacs zu unterstreichen. Der iMac soll ein Computer sein, den sich nicht jeder leisten kann. Der iMac soll von Menschen gekauft werden, die sich mit Durchschnittsware nicht zufrieden geben. Er soll zum Statussymbol werden.

Niemand weiss so gut wie Apple, wie man Statussymbole formt. Als erstes benötigt man einen eleganten Produktnamen, eine möglichst einprägsame Bezeichnung. Was könnte da schon passender sein als «iMac»? Als zweites benötigt man ein hervorragendes Design. Hier kann Apple eine weitere Stärke ausspielen. Zwar sah bereits neben den weissen iMacs jeder noch so tolle PC ziemlich alt aus, doch wer dachte, besser würde es nicht mehr gehen, hat sich getäuscht. Der neue iMac hat nochmals an Glanz und Eleganz zugelegt, so dass der Vorgänger im Vergleich fast schon klobig wirkt. Niemand wagt mehr, den iMac als putzigen Hausfrauencomputer herabzutun.
Doch Namen und Design sind nicht alles. Denn vor allem braucht man ein Konzept, das zum Statussymbol taugt. Und dieses Konzept hat Apple offenbar gefunden. Es ist das All-in-one-Konzept. Mit den aktuellen iMac hat Apple es geschafft, das All-in-one-Prinzip zur Perfektion zu treiben. Dies geht weit über die Verschmelzung von Computer und Bildschirm hinaus. Was den neuen iMac von seinen älteren All-in-one-Brüdern unterscheidet, sind seine Einsatzmöglichkeiten. Er ist ein Universalgenie, ein All-in-one-Gerät ohne Kompromisse. Ein Gerät mit Charakter, mit Potenzial zum Statussymbol.
Neben dem Namen, dem Design und dem Konzept ist noch eine letzte Zutat nötig, um das vollkommene Produkt zu schaffen: Der Preis. Apple hat begriffen, dass ein zu tiefer Preis den Hauch der Exklusivität empfindlich stören kann. Gleichzeitig hat der iPod bewiesen, dass ein hoher Preis der Attraktivität eines Produktes keinen Abbruch tut, sofern das Produkt die richtige Ausstrahlung besitzt.

Apple hat lange gebraucht, um ein derart viel versprechendes Mac-Produkt wie den aktuellen iMac zu schaffen. Viele Versuche sind gescheitert, einige am Konzept, einige am Design, einige am Preis. Es ist höchst selten, dass ein derart teures und mutiges Produkt wie der aktuelle iMac, nahezu unumstritten ist. Damit besitzt der neue iMac bereits jetzt ein Qualitätsmerkmal, welches der Cube, der iMac G4 und der Mac mini in ihrer ganzen Geschichte nie erreicht haben.

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10 Kommentare

Kommentar von Ioannis alias -pure-

Ich habe mir nun den neuen iMac schon zweimal in echt angeschaut und nach ersten Zweifeln, gefällt er mir bei jedem Hinsehen immer besser. Wie schon auf meiner Website erwähnt, ist der iMac nun endlich erwachsen geworden. Niemand käme beim aktuellen Modell noch auf die Idee, diesen Rechner nur für seine Kids zu kaufen oder im Klassenzimmer aufzustellen. Hingegen kann man den neuen auch in seriösen Büros einsetzen, nicht nur in Werbeagenturen. Das konnte man zwar schon vorher, aber irgendwie wurde so ein farbiger oder ein klinisch weisser iMac nicht so richtig ernst genommen. Er sah einfach sehr jugendlich aus; gemacht für junge aufgestellte Leute. Fröhlich lachende Studenten, glückliche Schüler… irgendwas in der Richtung. Der neue hingegen wirkt nicht nur edler, sondern auch ein wenig ernster. Der erste iMac war nunmal richtig ‘New Economy’ ein bisschen zu positiv, zu überdreht… fancy, funky… man hatte einfach keine Sorgen zu der Zeit. Kravatte war passé, man trug das Hemd offen über dem T-Shirt und mit dem Internet war sowieso alles möglich. Sogar für einen dekadent überteuerten Cube war ein wenig Platz (..leider dann doch zu wenig).
Dann kam das weisse Modell, der Lampen iMac, der ebenso viel Zuspruch wie Ablehnung fand, weshalb ein etwas neutraleres Gerät her musste. Zurückhaltender in der Form, aber immer noch rein und weiss mit guter Seele. Ein schlichter Flatscreen, der ohne Effekthascherei der Computer für alle werden sollte. Der 11. September war gerade durch. Der Wirtschaft hatte eine grosse Krise hinter sich. Terror, Krieg, Tsunami und insgesamt eher beschissene Zeiten. Da kam so ein jungfreulicher iMac gerade recht. Jetzt hat sich die Krise etwas gelegt und die turbulenten Jahre sind vorbei. Es zählen aber wieder die alten Werte. Bleibende, sichere Werte. Umweltschutz wird wieder gross geschrieben und Haltbarkeit ist angesagt. Der Ernst des Lebens ist wieder da. Man will aber kein Trübsal blasen, sondern schön brav arbeiten, die Wirtschaft hochhalten und sich auch mal was gönnen, vielleicht sogar einen iMac. Der kann jetzt sogar Windows. Sein Herz ist ein Intel Chip, das kennt man, da kann nichts schief gehen. Ausserdem will man natürlich offen sein für neues. Da kommt so ein schöner, edler iMac mit seinem ordentlichen Preisleistungsverhältnis gerade richtig. Der rechte Computer zur rechten Zeit sozusagen.

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Kommentar von Thomas Fontana

Kurz zum Text: wirklich teuer finde ich den iMac nicht. Qualität hat halt seinen Preis, aber imho nicht künstlich angehoben oder so. Apple Produkte sind teurer als die von Acer & Co… und das wird auch so bleiben.

Hinsichtlich des Glossy Bildschirms scheint mir so, als möchte Apple die User, welche den Mac professionell benutzen nun direkt zum Mac Pro weiterleiten. Zweifelsohne eine super Maschine mit sehr guten Erweiterungsmöglichkeiten. Wer nur im Netz surft, iTunes hört, DVDs sieht und mal ab und zu seine mit der Digicam geschossenen Fotos in iPhoto verwaltet, dem reicht ein iMac mit Glossy Display allemal bzw. ist gar der Meinung dass das Bild und die Farben schöner sind auf einem normalen Bildschirm.

“Profis” müssen halt dann zum Cinema Display greifen.

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Kommentar von anonymous220

@Thomas: Acer ist der ultra-discounter unter den Hardwareherstellern. Vergleicht man die Preise von Apple mit jenen von HP sieht man schnell, dass Apple meist günstiger ist - vor allem auch, was den Notebook-Bereich anbelangt. Man darf einfach die Preise von qualitativ hochwertigen 20- und 24-Zoll Displays nicht unterschätzen. Bei der 24” Variante kriegt man unter 1000 definitiv nichts brauchbares, womit der 24 iMac preislich sensationell ist.

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Kommentar von JustDoIt

Wer ein ergonomisch eingerichtetes Büro hat, bei dem fällt das Licht seitlich ein und der hat auch keine blendenden Leuchten an der Decke.

Und dann geht das mit einem hellen Glossy Bildschirm schon ganz gut.

Ich habe auch bemerkt, das man leichte Spiegelungen nach einer Eingewöhnungszeit einfach ausblendet.

Viel wichtiger wäre zu wissen, wie Farbneutral das Display nach Justierung st. Können damit alle Farben gut wiedergegeben werden, oder sind hier mehr Abstriche als beim nicht Glossy zu machen?

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