Mac OS X 10.6: Wann erscheint der Leopard-Nachfolger?

Kommt 10.6 schon Ende Jahr?

Bis vor wenigen Tagen schien die Sache völlig klar: Die WWDC 2008 wird im Zeichen des iPhones stehen. Apple hatte bereits ein neues iPhone-OS für die WWDC angekündigt und auch auf der Hardwareseite ist mit Neuerungen am iPhone zu rechnen. Doch nun, fünf Tage vor der Keynote, sorgt plötzlich ein ganz anderes Thema für Gesprächsstoff: Der Leopard-Nachfolger, offiziell bezeichnet als Mac OS X 10.6. Findige Entwickler fanden Hinweise auf OS X 10.6 im Apple WebKit und im iPhone-SDK. Der eigentliche Hammer folgte heute morgen: TUAW, einer der bekanntesten Weblogs rund um Apple, stellte eine gewagte Prognose auf: Apple werde Mac OS X 10.6 auf der WWDC vorstellen und - hier folgt die eigentliche Bombe - in rund sechs Monaten veröffentlichen. Und weiter: Mit Mac OS X 10.6 werde Apple die Unterstützung für sämtliche PowerPC-Macs fallen lassen.

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Was ist dran an dieser Prognose? Viele Macianer reagierten mit hochgezogenen Augenbrauen und einer gehörigen Portion Skepsis auf den TUAW-Bericht. Auf den ersten Blick scheint dieses Gerücht äusserst abenteuerlich zu sein. Auf den zweiten Blick erscheint die Prognose aber durchaus realistisch. Doch dazu später mehr.

Apple hatte in der Vergangenheit mehrmals betont, alle 18 bis 24 Monate ein Major-Update für Mac OS X veröffentlichen zu wollen. Leopard erschien im Oktober 2007, das Zeitfenster für den Nachfolger müsste also im Spätsommer 2009 liegen. Leider hat diese Roadmap einen Haken: Apple wird spätestens etwa ein halbes Jahr vor der Veröffentlichung von OS X 10.6 eine einigermassen fortgeschrittene Beta-Version des Systems freigeben müssen, erfahrungsgemäss geschieht dies stets anlässlich der WWDC. Und die WWDC findet bekanntermassen im Sommer statt. 

So gesehen wären zwei Szenarien denkbar. Das erste Szenario wäre, dass Apple Mac OS X 10.6 erst 2009 auf der WWDC vorstellt und das System dann entweder Ende 2009 oder Anfang 2010 veröffentlicht. Damit würde Apple aber den selbstgenannten Zyklus um einige Monate überschreiten, ausserdem passen die aufgetauchten Hinweise auf 10.6 im WebKit nicht recht zu diesem Szenario.
Apple könnte natürlich auch jetzt schon einen Blick auf Mac OS X 10.6 gewähren und die Software dann in rund einem Jahr freigeben. Damit sind wir beim zweiten denkbaren Szenario. Richtig einleuchtend erscheint aber auch dieser Zeitplan nicht, stellt sich doch die Frage, ob Apple in den siebeneinhalb Monaten seit dem Leopard-Debüt wirklich bereits ein weiteres Major-Update entwickeln konnte.

Letztlich kann man es drehen und wenden wie man will, bis anhin gab es keine vernünftiges Prognose, wann mit einem Leopard-Nachfolger zu rechnen sein wird. Dies ist sicher einer der Gründe dafür, dass bisher noch kaum über 10.6 spekuliert wurde.
Nun aber ist TUAW mit einem Szenario in die Bresche gesprungen, welches die genannten Widersprüche erklären könnte. Angeblich sieht Apples Plan folgendermassen aus: Mac OS X 10.6 soll, ähnlich wie einst OS X 10.1, ein reines Wartungsupdate werden. Verbesserungen gibt es bei Stabilität und Sicherheit, neue Features stehen nicht im Vordergrund. Das System soll Ende Jahr fertig sein und nur noch Intel-Macs unterstützen. Wohlverstanden, dies ist lediglich ein Gerücht. Aber immerhin eines, welches von einer seriösen Quelle stammt. Und ich halte das Gerücht für plausibel, und zwar aus zwei Gründen.

Erstens passt der Zeitplan perfekt. Ein Wartungsupdate liesse sich in verhältnismässig kurzer Zeit realisieren. Eine gut einjährige Entwicklungsphase mit der WWDC rund ein halbes Jahr vor der Veröffentlichung erscheint vernünftig.

Zweitens wäre dieser Schritt äusserst sinnvoll. Leopard brachte eine Fülle an neuen Funktionen und Möglichkeiten, die grösstenteils noch nicht ausgeschöpft werden. Von Core Animation beispielsweise macht das System bisher kaum Gebrauch. Hier könnte Apple noch nachlegen. Auch der Schritt, die PowerPC-Plattform nicht mehr zu unterstützen, brächte viele Vorteile. Beispiel QuickTime: Die bisherige Universal-Binary-Fassung von QuickTime läuft auf Intel-Macs noch nicht so richtig rund. Während QuickTime auf PowerPCs richtiggehend rennt, werden auf Intel-Maschinen noch nicht mal alle Prozessorkerne angesprochen. QuickTime ist eine wichtige Systemkomponente in OS X und das Fundament für viele Apple-Pro-Apps. Ein bisschen zusätzliche Optimierung könnte hier nicht schaden.

Es gibt noch einen weiteren Hinweis, der das TUAW-Szenario stützt. Wer sich mit der Entwicklung von OS X auskennt, weiss, dass Apple seinen Entwicklern auf der WWDC gerne einen groben Ausblick auf zukünftige Technologien und Trends gibt. Und zwar nicht in der Keynote, sondern in den zahlreichen Sessions im Laufe der Woche. So gibt es beispielsweise regelmässig eine Präsentation mit dem Titel «Mac OS X State of the Union». Darin erfahren Entwickler, welche Technologien sie ab wann in ihre Applikationen implementieren können und sollen.
Ein Thema, das in den letzten Jahren stets angesprochen wurde, ist die auflösungsunabhängige Oberfläche. Erste Vorarbeiten hierfür beinhaltete bereits Tiger, in Leopard ist die zugrundeliegende Technik bereits implementiert, Anwender können die Funktion aber noch nicht verwenden. Der Grund ist, dass die auflösungsunabhängige Oberfläche kleine Modifikationen in den Programmen voraussetzt, die Drittanbieter müssen ihre Programme also anpassen. Interessanterweise hat Apple eine klare Roadmap präsentiert und einen Zeitplan genannt: 2008 sollen die Entwickler bereit sein, dann werde Apple die Funktion freischalten. Dass Apple die auflösungsunabhängige Oberfläche in einem Minor-Update für Leopard nachreicht, ist sehr unwahrscheinlich.  Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Funktion Bestandteil von Mac OS X 10.6 sein wird. Und das heisst wiederum, dass OS X 10.6 tatsächlich schon recht bald erscheinen könnte. Genau so, wie es das TUAW-Gerücht prophezeit. 

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2 Kommentare

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Kommentar von Thomas Zaugg

Eine kleine Ergänzung, was das Gerücht noch etwas «abenetuerlicher» macht, ist der Hinweis, dass nur noch 64-bit-Intel-Prozessoren unterstützt werden sollen. Sollte dies den Tatsachen entsprechen, würden sämtliche Intel-Macs der der ersten Generation (ausgenommen Mac Pros und Xserves) von 10.6 ebenfalls nicht mehr unterstützt. Wenn man bedenkt, dass Apple noch bis im Sommer 2007 Macs mit 32-bit-Intel-Prozessoren (Mac mini) verkauft hat und man berücksichtigt, dass ein Grossteil der Macs, die im Verlaufe des Jahres 2006 produziert wurden, nicht mehr unterstützt würden, wäre dies ein radikaler Schnitt.

Ansonsten stimme ich Daniel zu. Im Gegensatz zu einigen Stimmen, die meinten, Apple könnte ja 10.6 anlässlich der Macworld ‘09 ein erstes Mal präsentieren, bin auch der Meinung, dass wenn wir nächste Woche noch nichts über 10.6 erfahren sollten, wir uns wohl bis zur WWDC ‘09 gedulden müssten. Ein Betriebssystem-Update muss zwingend eine offizielle Beta-Phase durchlaufen, zudem müssen die Entwickler aus erster Hand über neue Technologien informiert werden. Die Macworld bietet nicht die richtige Platform dazu.

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Kommentar von findthebug

spekulation:
was wäre wenn sich hinter 10.6 kein “richtiges” update versteckt, sondern “nur” ein neues feature freischaltet. ein sehr wichtigs feature. und zwar denke ich in richtung “touch”, also an die bedienung des betriebssystem per hand, analog iphone.

ich denke da an ein gerücht welches schon länger rumgeht. der tablemac, oder touchmac. diesen müsste man ja auch irgendwie alla iphone bedienen können… und da bräuchte man ein OS welches diese feature perfekt unterstützt. wenn in zukunft dieser mac mal kommen sollte, in welcher form auch immer, wäre ein OS-Update sehr warscheindlich. dieses update würde es dann nur für die betroffenen macs geben und trotzdem noch leopard heissen etc…

ja, ist etwas weit hergeholt und aus dem thema gerissen. ist mir aber gerade eingefallen als ihr von features etc. gesprochen habt. wenn mal solche macs kommen… müsste man das auch anständig bedienen können.

gruss findthebug

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