It’s Showtime

The Big Picture

Am kommenden Dienstag, 12. September, ist es wieder einmal soweit, Apple lädt die Vertreter der Medien zu einem so genannten «Special Event» nach San Francisco ein. Dieses Mal lautet das Motto der Veranstaltung «It’s Showtime». Bis Steve Jobs am nächsten Dienstag um 19 Uhr das Scheinwerferlicht betritt und der Welt verkündet, woran Apple in den vergangenen Wochen und Monaten gearbeitet hat, bleibt noch etwas Zeit für Gerüchte und eigene Spekulationen.

Thomas Zaugg

Movie Store

Das Motto der Veranstaltung deutet relativ deutlich auf einen «Movie-Store» von Apple hin. Gerüchte, Apple arbeite an einer solchen Dienstleistung, kursieren schon seit längerem im Netz. Seit wenigen Stunden bietet Amazon in den USA einen solchen Download-Service an, woran man erkennen kann, dass die Film-Industrie als Ganzes eine Online-Verwertung von Spielfilmen nicht mehr kategorisch ausschliesst, wie dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Wenn Amazon entsprechende Verträge mit den Studios abschliessen kann, kann Apple das ganz sicher auch. Allerdings dürfte der Mac- und iPod-Hersteller eine andere Strategie punkto Preise und Nutzungsbestimmungen verfolgen als Amazon. Aufgrund des Erfolgs des iTunes Music Store mit seinen Einheitspreisen für Songs, TV-Shows und Musik-Videos werden die Verantwortlichen in Cupertino sicher versucht haben, dieses Modell auch auf Filme zu übertragen. Glaubt man den Gerüchten, musste Apple jedoch einen kleinen Abstrich machen, neue Filme sollen $14.99, ältere Streifen $9.99 kosten. Auch wenn sich dieses Gerücht bewahrheiten sollte, wäre Apples Preismodell im Vergleich zu Amazon, wo es keine Einheitspreise gibt, immer noch ein grosser Vorteil. Wohl nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich Steve Jobs und Co. nicht mit den Vorstellungen der Studios bezüglich Preise und Nutzungsbestimmungen abfinden wollten, sollen - gemäss aktueller Gerüchte - beim Start nur Disney-Filme angeboten werden. (Interessanterweise ist Disney das einzige wichtige Unternehmen der Branche, welches seine Filme nicht über Amazon anbietet.) Bei den TV-Serien war es übrigens nicht anders, als Apple vor elf Monaten mit dem Verkauf von Serien über den iTMS begann, konnten die amerikanischen User zu Beginn auch nur Produktionen von ABC (einer Disney-Tocher) erwerben. Mittlerweile sind jedoch alle grossen TV-Stationen mit an Bord. Wenn sich der Movie-Store ähnlich erfolgreich entwickelt, dürfte es nicht lange dauern, bis sich weitere Studios anschliessen.

Der Launch des Movie-Store ist so gut wie sicher, es wäre schon eine äusserst negative Überraschung, wenn dieser nicht Realität würde. Wir Mac-User, die ausserhalb der USA zu Hause sind, sollten uns allerdings nicht allzu grosse Hoffnungen machen; die Chance, dass auch wir in den Genuss dieser neuen Dienstleistung kommen werden, ist sehr, sehr klein. Wenn wir also davon ausgehen, dass der Movie-Store kommen wird, bleiben immer noch einige wichtige Fragen unbeantwortet.

In erster Linie bleibt abzuwarten, in welchem Format und vor allem in welcher Auflösung die Filme in iTunes angeboten werden. Damit der Service wirklich Erfolg haben kann, müsste die Qualität der Downloads in etwa mit einer Video-DVD vergleichbar sein, d. h. eine Auflösung von 720x576 bei einer Datenrate von ca. 3 bis 4 Mbit/s (je nach Format). Wenn die Film-Dateien erst einmal auf dem Mac gespeichert sind, stellt sich die Frage, wo und in welcher Form sie sich betrachten lassen. Sollte dies nur auf einem Computer (Mac oder PC) möglich sein, würde Apple wohl kaum grossen Erfolg beschieden sein. Eine Möglichkeit wäre das Erstellen einer oder mehrerer DVDs (je nach Länge des Films), welche auf einem beliebigen DVD-Player abgespielt werden könnten. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass die Film-Studios dies erlauben würden, denn solche DVDs wären ungeschützt und könnten problemos kopiert und verbreitet werden. Eine andere Möglichkeit wäre die Übertragung der Film-Dateien auf einen iPod. Dieser Ansatz wird wohl nicht am Widerstand der Studios scheitern, sondern eher an der Technik. Erstens reicht die Batterie-Kapazität eines neuen iPods der fünften Generation gerade einmal für zwei Stunden Film-Genuss und zweitens dürfte niemand grosse Lust verspüren, einen Hollywood-Blockbuster auf einem 2.5-Zoll-Display in einer Auflösung von 320x240 zu betrachten. Wir bräuchten somit neue iPods mit grösseren Displays und besseren Batterien. Freilich gab es immer wieder Gerüchte, die besagten, dass Apple solche iPods «demnächst» vorstellen werde. Jetzt wäre der Zeitpunkt dafür eigentlich gekommen, denn das Argument «no one has the content» (Original-Kommentar Steves Jobs’ zu den Gerüchten rund um einen Video-iPod im Herbst 2004) würde ja nicht mehr stimmen. Kommt er jetzt endlich, der Video-iPod? Wenn man einem aktuelleren Gerücht glaubt, ist Apple noch nicht so weit und es wird nur leicht verbesserte iPods (und iPod nanos) geben.

Wohnzimmer-iPod

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Apple Filme verkauft, welche nur auf einem Computer betrachtet werden können. Wenn es also tatsächlich keine neuen iPods gibt, die die erwähnten Erfordernisse erfüllen, wie löst Apple das Problem? Ich könnte mir eine Art «iPod fürs Wohnzimmer» vorstellen. Das wäre ein kleines Gerät, dass ähnlich wie ein Pod aufgebaut ist (inklusive Festplatte), jedoch kein Display hat, dafür über einen hochwertigen Bild- und Ton-Ausgang sowie über WLAN verfügt. Songs, Filme und Fotos könnten wie bei einem normalen iPod über USB2 (oder FireWire, eventuell auch über WLAN) auf den Wohnzimmer-iPod übertragen werden. Das Gerät könnte zusätzlich Medien, die von einem anderen Mac gestreamt werden, empfangen. Es handelt sich also um eine Art Mischung aus iPod und Mac mini. Im Gegensatz zum Mac mini wäre dieser «Wohnzimmer-iPod» jedoch kein vollwertiger Computer, der Funktionsumfang würde im Wesentlichen demjenigen des iPods entsprechen. Auch müsste er wie ein iPod an einem Mac oder PC konfiguriert werden. Zusätzliche Funktionen wie ein spezieller iTunes-Client (Songs und Filme könnten direkt aus dem iTMS gekauft und geladen werden) oder andere Internet-bassierte Dienste wären dank der WLAN-Schnittstelle theoretisch auch denkbar. Allerdings stellt sich dann das Problem der notwendigen Text-Eingaben. Dazu bräuchte es eine Fernbedienung, welche zumindest über einen Zahlenblock verfügt. Ein solcher Ansatz wäre jedoch nicht sehr Apple-like. Ich bin aber überzeugt, dass Apple dieses Problem auf elegantere Art und Weise lösen könnte. Der «Wohnzimmer-iPod» würde übrigens einen «richtigen» Video-iPod nicht ausschliessen, da der iPod in erster Linie ein portables Gerät ist, welches andere Voraussetzungen, wie z. B. eine möglichst lange Batterielaufzeit oder eines kompaktes Design, erfüllen muss und - zumindest teilweise - auch eine andere Zielgruppe anspricht. Es wäre auch möglich (auch wenn ich eher nicht daran glaube), dass dieser «Wohnzimmer-iPod» auch klassische Unterhaltungselektronik einbindet und zusätzlich oder optional über ein DVD-Laufwerk und/oder sogar über einen TV-Tuner (Radio wäre eine weitere Option) verfügt.

iTunes 7

Noch nicht erwähnt habe ich die neue iTunes-Version, welche wohl die Nummer 7 tragen wird. Nebst der notwendigen Änderungen (Support für neue Hardware, Movie-Store-Integration) erhoffe ich mir mehr grafische Elemente in iTunes , wie z. B. eine Vollbild-Cover-Suche à la «Cover Flow» und eine integration der Cover-Art in die Datenbank à la WMP11. Was auch immer kommen mag, ich bin mir sicher, Apple wird uns am Dienstag nicht enttäuschen.

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