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Eine Frage der Geschwindigkeit

Das Ende der G4-Ära

Es ist kein Geheimnis, dass Steve Jobs bei seinen Auftritten fast immer gut in Form ist. Doch so leicht und locker wie die diesjährige Macworld-Keynote brachte selbst Jobs erst selten eine Rede über die Bühne. Die Erleichterung stand dem Apple Chef wahrlich ins Gesicht geschrieben - Die Erleichterung über den endlich vollzogenen Generationenwechsel der Mac-Plattform. Vier bis fünf mal schneller als ihre Vorgänger sollen die neuen Apple-Notebooks sein. Als letzten Dienstag um Punkt 9:10 Uhr Ortszeit in San Francisco der erste Intel-Mac das Licht der Welt erblickte, brachen die Apple-Fans rund um den Globus in Begeisterung aus. Der Intel-Switch trägt Früchte und hat zur Folge, dass die Performance der Macs in neue Dimensionen vorstösst. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Mit etwas Wehmut müssen wir der Tatsache ins Auge blicken, dass seit Dienstag Abend Millionen von Macs auf einen Schlag zum alten Eisen zählen.

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Jedes Mal, wenn Apple in den vergangenen Jahren geschwindigkeitsmässig ins Hintertreffen geraten war, wurde der G4-Prozessor als Sündenbock bezeichnet. Der G4 wird als Prügelknabe in die Geschichtsbücher eingehen. Legt man jedoch die Apple-Brille zur Seite, sieht die Situation gänzlich anders aus. In Wahrheit ist der G4 ein fantastisches Stück Ingenieurskunst und hat Apple durch manche Krisensituation getragen. Er bietet zahlreiche Eigenschaften, die ihn von anderen Prozessoren abheben. Der G4 verbraucht sehr wenig Strom. Er kann ohne Modifikationen in Notebooks verwendet werden. Er lässt sich in Mehrprozessormaschinen einsetzen. Er bietet - dank Altivec - viel Optimierungspotenzial, um gewisse Prozesse enorm zu beschleunigen. Nicht zuletzt aber bietet der G4-Chip eine beeindruckende Performance. Als der erste G4-Mac im Spätsommer 1999 auf den Markt kam, kündigte Apple mit Pauken und Trompeten ein neues Zeitalter der PCs an. Der G4 war der erste PC-Prozessor, der mehr als eine Milliarde Fliesskommaoperationen pro Sekunde abarbeiten konnte.
Im Jahr 1999 stand bei mir ein Performa 5200 auf dem Schreibtisch. Nahezu andächtig starrte ich damals auf die Benchmarks, die Apple auf seiner Website publizierte. Sagenhafte 2.65 Mal so schnell wie der beste Intel-Pentium-Chip war der erste G4 - die Zahl habe ich bis heute nicht vergessen.

Seit dem sind sechseinhalb Jahre vergangen. Unterdessen arbeite ich an einem 733 MHz G4-Power-Mac aus dem Sommer 2001. Noch immer steckt der G4-Prozessor in mehreren Mac-Modellreihen. So lange wie der G4 hat kaum ein anderer Chip durchgehalten. Während der langsamste G4-Chip aus dem Jahr 1999 mit 350 MHz taktete, arbeitet die neueste Generation mit rund 1.7 GHz. Obwohl Motorola und Freescale den G4-Prozessor seit Jahren nur widerwillig und zögerlich weiterentwickeln, konnte die Geschwindigkeit des Prozessors mehr als verfünffacht werden und er verkauft sich auch nach mehr als sechs Jahren noch hervorragend. Das sind Werte, wie sie nur selten ein Prozessor erreicht und die die Stärken des G4 ganz klar aufzeigen. Ohne genau nachgerechnet zu haben, wage ich die Behauptung, dass der G4 der meistverwendete Mac-Prozessor aller Zeiten ist.

Die derzeitige Basis an G4-Macs ist gigantisch gross. Wer sich in den letzten vier Jahren ein Apple-Notebook zugelegt hat, kann damit selbst heute noch die meisten neuen Softwareprodukte verwenden. Doch seit vorgestern bröckelt das mächtige Fundament an G4-Macs gewaltig. Jahrelang war man auch mit einem älteren G4-Mac gut bedient, doch nun ist die Zeit gekommen, den letzten Vertreter der langjährigen Tradition der Motorola-Prozessoren in den Computern von Apple zu begraben. Sechseinhalb Jahre lang schlug sich der G4-Chip wacker, nun muss er sich dem Lauf der Zeit fügen.

Ein einfaches Zahlenspiel verdeutlicht diese Tatsache. Das teuerste und leistungsfähigste PowerBook der im vergangenen Oktober vorgestellten Generation besitzt einen 1.67 GHz G4-Chip. Damit ist dieses PowerBook höchstens zweieinhalb Mal so schnell wie mein mehr als vier Jahre älterer Einsteiger-Power-Mac. Der Performanceunterschied zwischen diesem PowerBook und dem neuen MacBook Pro ist im Vergleich dazu rund doppelt so gross, obwohl nur drei Monate dazwischen liegen.

Was hat das nun für Konsequenzen? Eigentlich ist es ganz einfach. Die Tatsache, dass eine neue Mac-Generation am Start steht, bedeutet den Tod für die alte Mac-Generation. Die Softwareentwickler werden von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen und die Unterstützung für den G4 fallen lassen - und zwar schon bald. Dieser Prozess ist unaufhaltbar und wird grosse Auswirkungen haben. Es ist gut möglich - um nicht zu sagen, sehr wahrscheinlich - dass die aktuelle iLife- und iWork-Generation die letzte ist, welche auf meinem Power Mac - und damit auch auf Millionen weiterer Macs - lauffähig ist. Wer einen G4-Mac besitzt, wird sich schon ziemlich bald ernsthafte Gedanken darüber machen müssen, einen neuen Mac zu kaufen. Doch wann ist der geeignete Zeitpunkt? Die Antwort fällt nicht schwer: Jetzt. Denn wer sofort auf eine neue Prozessorgeneration aufspringt, wird sich die nächsten Jahre keine Sorgen über die Geschwindigkeit seines Macs zu machen brauchen. Das hat die Geschichte des G4s eindrücklich gezeigt.