Der Schweizer Apple Store und seine Auswirkungen
Kommt es zum grossen Händlersterben?
Sieben Jahre nach der Eröffnung des ersten Apple Retail Stores in den Vereinigten Staaten hat Apple in der vergangenen Woche seine ersten Ladengeschäfte in der Schweiz eröffnet. Was darf man sich von diesem Schritt erhoffen? Und welche Auswirkungen hat Apples Einstieg ins Schweizer Retail-Geschäft auf die übrigen Mac-Händler?
Zu Beginn einige Zahlen: Bevor Apple 2001 ins Retail-Geschäft eingestiegen war, lag der Jahresumsatz des Unternehmens aus Cupertino bei rund sechs Milliarden Dollar. Der höchste je erzielte Gewinn lag bei knapp 800 Millionen Dollar, erzielt im Jahr 2000.
Nun, sieben Jahre später, besitzt Apple eine Ladenkette mit rund 250 Retail Stores in insgesamt acht Ländern. Das sieht auf den ersten Blick nicht übermässig beeindruckend aus. Auf den zweiten Blick allerdings schon. Im Jahr 2008 wird Apple mit den Retail Stores mehr als sechs Milliarden Dollar einnehmen. Der Gewinn dürfte bei rund 1.4 Milliarden liegen. Anders ausgedrückt: Mit dem Retail-Geschäft generiert Apple unterdessen mehr Geld als vor sieben Jahren über alle weltweiten Vertriebskanäle zusammen. Das ist mehr als beeindruckend.
Dass sich die Apple Retail Stores zu einer solchen Erfolgsstory entwickelten, ist keineswegs selbstverständlich. Als Apple ins Retail-Geschäft einstieg, setzte sich die Mac-Company über alle geltenden Regeln der Geschäftswelt hinweg. Viele Konkurrenten schlossen damals ihre Ladenlokale. Das Internet wurde als Vertriebsweg der Zukunft betrachtet. Nicht wenige Branchenkenner äusserten sich damals skeptisch über Apples Retail-Strategie. Doch Apple hat die Zweifler eines besseren belehrt. Für Apple ist das Retail-Geschäft heute lukrativer denn je. Doch die Stores sind nicht einfach nur erfolgreich, sie haben die Gesetze des Mac-Marktes grundlegend verändert.
Lange Zeit verkaufte Apple seine Produkte in erster Linie über Drittanbieter. In der Schweiz beispielsweise entstanden so dutzende unabhängige Mac-Händler. Für die meisten Kunden bildeten die Mac-Händler die Schnittstelle zu Apple. Mit der Eröffnung des Apple Online Stores tat sich für Apple vor rund zehn Jahren ein weiterer Vertriebsweg auf. Erstmals trat Apple mit den eigenen Vertriebspartnern, den Mac-Händlern, in Konkurrenz. Vollständig ersetzen konnte der Online-Store die Mac-Geschäfte aber nicht. Doch mit Apples Einstieg ins Schweizer Retail-Geschäft werden die unabhängigen Mac-Händler eigentlich überflüssig.
Aus Kundensicht haben die klassischen Mac-Händler den Apple Stores kaum etwas entgegenzusetzen. Apple besitzt attraktive Verkaufslokale und investiert sehr viel in Kundenberatung und Service. Die unabhängigen Händler werden es schwierig haben, mit Apple mitzuhalten. Trotz des gewaltigen Apple-Booms der letzten Jahre haben viele Händler nur wenig in die Aufwertung ihrer Dienstleistungen investiert. Unter Mac-Anwendern besitzen die meisten Händler ohnehin keinen grossartigen Ruf, die Preise gelten als zu hoch und der Service als mittelmässig. Ein Beispiel: Vor kurzem brachte ich mein MacBook Pro zu einem bekannten Mac-Händler in Zürich in die Reparatur. Fünf bis zehn Arbeitstage sollte die Reparatur angeblich dauern. Letztlich musste ich über dreieinhalb Wochen auf meinen Mac verzichten. Das ist eine stolze Zeit für ein derart teures Gerät mit einer noch viel teureren Apple-Care-Garantie. Apple selbst verspricht hingegen, Reparaturen in den eigenen Stores in der Regel innerhalb eines Tages auszuführen. Man braucht nicht viel Fantasie, um zu erraten, an wen ich mich im Falle einer Reparatur in Zukunft wenden werde.
Im Moment besitzt Apple erst zwei eigene Stores in der Schweiz. In einigen Monaten wird mit dem Store an der Zürcher Bahnhofstrasse ein drittes Geschäft dazukommen. Das ist nicht viel. Aber es genügt, um die unabhängigen Händler nervös zu machen. Apple wird in seinen drei Stores etwa gleich viel Mitarbeiter beschäftigen wie Data Quest und Letec zusammen. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass Apple seine Ladenkette noch ausbauen wird.
In vieler Hinsicht haben die unabhängigen Händler gegen Apple ohnehin keine Chance. Bei Reparaturen und bei der Verfügbarkeit neuer Produkte werden die Apple Stores bevorzugt behandelt. Und auch hinsichtlich Personalaufwand und Verkaufslokalitäten spielt Apple vielerorts in einer eigenen Liga.
Werden wir nun also das grosse Händlersterben erleben? Kurzfristig wahrscheinlich nicht. In anderen Ländern, in denen Apple eigene Stores betreibt, haben viele unabhängige Händler überlebt. Trotzdem dürfte es vor allem in Zürich (und später wohl auch in anderen Städten) für einige Händler eng werden. Viele Kunden werden künftig direkt bei Apple einkaufen. Im Moment profitieren die Mac-Händler natürlich davon, dass der Apple-Markt jährlich um dreissig Prozent wächst, doch auch diese Entwicklung wird nicht ewig anhalten.
Ich glaube, dass Apple die unabhängigen Händler früher oder später vom Massenmarkt verdrängen will und auch wird. Wenn Apple das Retail-Segment auch in den kommenden Jahren weiter forciert, wird für die Händler nicht mehr viel vom Kuchen übrig bleiben. In ländlichen Regionen wird sicher Platz für kleine Mac-Geschäfte bleiben, aber in den Städten dürfte die Luft schon bald sehr dünn werden.
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23 Kommentare
Kommentar von anonymous220
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