Das Warten hat ein Ende
Warum Apple seine Ein-Tasten-Maus behalten sollte!
Gut 10 Monate haben wir gewartet und stehen jetzt kurz vor der Veröffentlichung Tigers. 2 Jahre haben wir gewartet und stehen jetzt scheinbar unmittelbar vor dem Start des iTunes Music Stores hierzulande. Mich drängt sich nun die Frage auf, was uns das elendige, manchmal aber auch sehr unterhaltsame Warten gebracht hat. Aber weshalb haben wir das gemacht? Ein kleiner persönlicher Suchgang nach einer Antwort.
Es ist ja keineswegs so, dass das Geschehen rund um Apple das wichtigste in unserem Leben wäre, aber es ist doch mehr als nur ein Hobby, dass uns Macianer verbindet. Von anderen Communities kann man nur selten berichten, dass innerhalb der Gemeinschaft so starke Bande entstehen; manchmal erscheint es mir, als sei alles eine grosse Familie. Aber woran mag das liegen? Als früherer Verfechter des Mac sass ich einmal an einem Knubbel-iMac, damals noch unter OS9 und weil der Rechner nicht so wie ich wollte, liess ich die Bemerkung fallen, Macs seien doch blöd und ich würde diese Kisten hassen. Die promte Reaktion meines Lehrers war, eher intuitiv als überlegt: «Ich hasse dich!» Holla, das gab mir zu denken, und zwar für längere Zeit. Nicht dass ich mich gekränkt fühlte, den Lehrer mochte ich nie besonders, auch heute noch nicht. Komplett neu war mir aber diese Identifikation mit einer Sache, alles was man gegen das Gerät sagte, schien ihn persönlich zu treffen, auch wenn es nur witzig gemeint war oder man nur seinen Frust aus sich heraus lassen wollte. Ich kann nicht von mir behaupten, ich hätte mich fortan auf eine intensive Suche nach diesem Geheimnis begeben, aber mein Interesse an diesen Dingen nahm immer mehr zu. Die Trendwende setzte sicherlich ein, als unsere Schulklasse mit iBooks ausgestattet wurde. Zu Beginn noch mühselig, lernte ich das Leben mit einem Mac kennen. Das iBook wurde dann schon auch bald ausgetauscht, da es genau eines mit Serienfehler war. Schon wieder war ich irritiert, da man dazumals noch öfter lesen konnte, dass ein Mac nie kaputt gehe und super zuverlässig sei. Aber wer wäre nicht froh, ein brandneues iBook in die Hände gelegt zu bekommen, wenn das alte schon gut ein Jahr alt war.
Irgendwie war mein Apple-Bild, das ich mir bis dahin schon ein wenig aufgebaut hatte, in sich zusammengefallen. Auch kam ich mit dem alten Betriebssystem nicht zurecht. Mein Admin, der mich bis dahin scheinbar immer wieder beobachtet hat, wie ich später erfuhr, drückte mir dann eines Tages 2 CDs in die Hand, die für mich den Eintritt in eine komplett neue Welt bedeuteten. Plötzlich fiel mir wieder ein, wie ich einmal mit grossen Augen den Countdown zu Panther auf der Homepage von Apple betrachtete, in so oft anschaute, dass der Link gleich in den Favoriten - jaja, ich weiss, ich war noch jung und mit dem Internet Explorer unterwegs - landete. Das Gefühl, das mich mit Mac OS X erreichte, war so neu und überraschend, dass sich mein Eindruck schlagartig änderte. Langsam aber stetig wuchsen meine Sympathien für den kalifornischen Apfelhersteller, während die Abneigung für Windows-Systeme während der Zeit kontinuierlich zunahm. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich vor gut einem Jahr begeistert im Internet nach Nachrichten-Quellen für die WWDC in San Francisco gesucht habe, um von diesem neuen Betriebssystem Tiger Neuigkeiten zu erhaschen.
Ist es diese aufgezwungene Abwehrhaltung gegenüber den Macianer, um sich persönlich abzusichern, die uns zu so einer verschworenen Truppe macht? Mag sein, aber der Hauptgrund wird wohl die so ausgeprägte Identifizierung eines Macianers - und ich meine jetzt auch nur die Aktiven, die sich auch in Foren und Ähnlichem austauschen - mit der Firma Apple und dessen Geräten sein, die sich immer wieder zeigt, wenn die Geräte kritisiert werden. Manche mögen schon von einer Religion sprechen, andere sehen es weniger eng und lassen auch konstruktive Kritik zu. Aber in einem Punkt sind sich alle Mac-Benutzer einig: Eine Welt ohne Apple wäre nur eine halb so schöne Welt. Ich stelle hier jetzt einmal die provokante Aussage auf, Apple schafft es, seine Jünger wie in einer Sekte um sich zu scharen. Wer einmal im Sog drin ist, hat praktisch keine Chance zu entkommen. Aber wollen wir das überhaupt? Kaum, denn wenn wir weiterhin in diesem Masse mit Innovationen überschwemmt werden, fühlen wir uns wohl. Da der angebissene Apfel es sich nicht leisten kann, nicht mehr innovativ zu sein, wird uns diese Frage bis auf weiteres nicht kratzen können.
Mittlerweile ist eine lange Zeit vergangen und Tiger ist (immer) noch nicht da. Viel ist passiert, aber der Enthusiasmus ist immer noch ungebrochen. Wenn am Freitag um 18:00 Uhr die Mac-Händler mit dem Tiger-Verkauf beginnen, wird sich so mancher anstellen und sich noch Abends die Mühe machen, schnell beim nächsten Laden vorbeizuschauen. In diesem Zusammenhang lässt sich nebenbei die extreme Gruppendynamik erkennen, die in der Mac-Geek-Welt entsteht, wenn eine Neuerung ansteht. Geht einer hin, gehen alle. Geht keiner, so verlaufen sich nur wenige. Selbes kann man auch jedes Mal herrlich am Beispiel des bekannten PostIt-Zettels betrachten, wenn im Apple Online Store nur mehr ein simples «We’ll be back soon.» zu lesen ist. Es soll jene geben, die bei solch einem Ereignis die Schule oder ähnliches beiseite schieben, nur um wie wild auf den Reload-Button im Browser - sei es jetzt Firefox, Safari oder was auch immer - drücken zu können. Mittlerweile halte ich es für möglich, dass Apple diese Taktik - zuerst Türe zumachen, warten und schlussendlich wieder öffnen - absichtlich fährt, nur um die versammelte Mac-Gemeinde bei Laune zu halten. Wie vor 2 Wochen, als sich der Tiger ankündigte.
Interessant ist auch, dass sich unter gewissen Umständen auch Neid unter den Anhängern der Sektenbewegung einstellt, beispielsweise wenn nicht die ganze Basis in den Genuss eines Produktes kommt, sondern nur ein Teil, wenn auch ein grosser davon. Die Schweizer sehen sich momentan mit solch einer Situation konfrontiert, allerdings nicht mehr lange. Es wurde keine Meldung im Internet über den iTunes Music Store publik, ohne dass von irgend einem Schweizer gefragt wurde, wo denn der Schweizer iTMS bleibe. Dieses Verlangen ist nicht verwunderlich, wenn man weiss, dass die einzige Möglichkeit, am Mac einen Song legal zu downloaden, iTunes ist. Ich bin gespannt, wie lange die Japaner noch auf dem Maul sitzen werden, bis sie ihren hauseigenen Store bekommen, einen Retail haben sie ja schon. Irgendwie spielt da auch ein klein wenig Schadenfreude - die gibts auch - mit.
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