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Cupertino, wir haben ein Problem
Der iPhone-4-Todesgriff
Das iPhone 4 beherrscht die digitalen Ressorts in allen Medien als heiss diskutiertes Thema. Das neue Apple-Mobiltelefon ist jedoch nicht nur wegen dessen erfolgreichem Verkaufsstart und dem Rätselraten wann es endlich auch in der Schweiz lanciert wird heiss im Gespräch, sondern vor allem weil es offensichtlich ziemliche Empfangs-Probleme zu haben scheint.
Das neue iPhone ist in vielerlei Hinsicht ein sehr gutes Smartphone — während Apple in einigen Hardware-Bereichen die Konkurrenz wieder einholen musste, setzt die Firma aus Cupertino in anderen Aspekten neue Standards. Dem neuen iPhone 4 wurde im Vorfeld der Marktlancierung in den grossen Märken (USA, Grossbritanien, Frankreich, Japan und Deutschland) am 23. Juni mit grosser Spannung entgegen gefiebert. Der Andrang bei der Vorbestellung einige Tage vor der Markteinführung in den USA war gar so gross, dass das komplette System bei Apple und AT&T zusammen brach. Das neue iPhone 4 wird wohl ein grosser Erfolg werden für Apple. So kam es dann auch: innert nur drei Tagen verkaufte sich das iPhone 4 über 1.7 Millionen mal! Zum direkten Vergleich: das erste iPhone benötigte 74 Tage für die erste Million abgesetzter Geräte und sowohl das iPhone 3G wie auch das iPhone 3GS wurden in den ersten drei Tagen je eine Million mal abgesetzt. Apple konnte also den Geräteabsatz gegenüber den Vorgängermodellen in den ersten drei Tagen um satte 70% seigern. Aus dem iPhone 4 wurde also wie im Vorfeld erwartet ein grosser Verkaufserfolg für Apple. Doch kurz nach der Lancierung begann die Miserie rund um die kleinen und grossen Probleme des neuen Apple Mobiltelefons.
Dabei hat alles so gut begonnen: Die zwei grossen IT-Gurus der USA Walt Mossberg vom Wall Street Journal und David Pogue von der New York Times gaben dem neuen iPhone ein überaus gutes Zeugnis ab. Beide lobten das neue Antennen-Design des iPhone 4 und sahen darin den Grund, warum beim iPhone 4 weniger Anrufe abgebrochen werden als noch bei den Vorgängermodellen. Hier sei angemerkt das in den USA und dessen AT&T-Mobilfunknetzwerk das iPhone bisher nur bedingt zum Telefonieren benutzbar war. Das Netzwerk ist dort teils so schlecht ausgebaut und/oder überlastest, dass das Mobiltelefon meist keine Verbindung aufbauen konnte und sich so sehr viele iPhone-Besitzer darüber beklagten, dass mit dem Mobiltelefon garnicht telefoniert werden könne bzw. Anrufe immer wieder abgebrochen werden. Apple ist deshalb in den USA schon mehrmals vorgeworfen worden, man solle sich doch endlich von AT&T trennen oder zumindest die Wahl auf weitere Anbieter ausweiten — anders als zum Beispiel in der Schweiz, wo neben dem Platzhirsch Swisscom auch Orange das iPhone anbietet (und künftig mit Sunrise auch noch ein offizieller dritter Anbieter im «Schweizer iPhone-Markt» mitmischen wird), gibt es in den USA also nur ein Mobilfunkunternehmen, dass das iPhone anbieten darf: AT&T.
Lange Rede, kurzer Sinn: Das neue Antennen-Design des neuen iPhone 4 beeinflusst die Signalstärke des Mobiltelefons so positiv, dass es zu besserem Empfang und weniger Unterbrüchen beim iPhone 4 gegenüber seinen Vorgängermodellen kommt.
Einzig Mossberg spricht in seinem Testbericht ein Problem an, dass das iPhone 4 gegenüber dem iPhone 3GS zum Teil weniger oder keine Balken bei der Empfangsanzeige oben links anzeige — Apple soll ihm bestätigt haben, dass es sich nur um einen Fehler bei der Anzeige der Balken handelt, nicht jedoch die Möglichkeit Telefonate zu tätigen. Mossberg bestätigt dies, da es trotz der fehlenden Balken in der Anzeige in «nahezu allen» Versuchen trotzdem noch zu erfolgreichen Telefon-Verbindungen kam.
Die Tests von Mossberg und Pogue erschienen einen Tag bevor das iPhone 4 in den USA offiziell in den Handel kam in den entsprechenden Zeitungen. Doch um so mehr Benutzer das iPhone 4 in den folgenden Tagen ihr Eigen nennen konnten, um so gravierender schien dieses Problem mit den «fehlenden Empfangsbalken» tatsächlich zu sein. Zahlreiche Erfahrungsberichte mit dem neuen iPhone 4 zeigten, dass je nach dem wie man das neue Apple-Mobiltelefon in der Hand hält, es auf einmal an Empfangsqualität einbüsst. Der «Todesgriff» war dann schnell entlarvt: Berührt man die Ummantelung (aka Antenne) des iPhones unten links, verschwinden plötzlich die Balken in der Empfangsanzeige und ein Verbindungsunterbruch droht. Der Grund schien schnell gefunden: Die obere/linke Ummantelung ist gleichzeitig die Antenne für Bluetooth, WLAN/WI-FI und GPS, während der Rest der iPhone-4-Ummantelung (oben Mitte über die rechte Seite bis und mit unten links) als Antenne für UMTS und GSM fungierte. Steve Jobs nannte dieses Antennen-Design über die iPhone-Ummantelung als «brillante Ingenieurleistung» für noch besseren Empfang. Berührt man nun jedoch mit dem Finger oder dem Handballen gleichzeitig beide Antennen am linken unten Rand — was automatisch der Fall ist wenn man das Smartphone in der linken Hand hält — dann verringert sich die Empfangsqualität immens oder wird unter Umständen gleich soweit sinken, dass kein Verbindungsaufbau mehr möglich ist.
Bei den meisten Mobiltelefonen befinden sich die Antennen in der unteren Hälfte des Gerätes, dies damit die Energie der Antennen weniger mit dem Kopf des Benutzers sondern eher über deren Hände abfliesst. Dies ergibt schlussendlich andere Richtwerte, da Institutionen wie die FCC die Strahlung über die Hände nicht misst, im Vergleich zu den Werten über den Kopf (Head). Entsprechend sollte eigentlich jedes Mobiltelefon am besten an dessen oberen Hälfte gehalten werden um nicht mit den eigenen Händen die Empfangsqualität zu mindern. Im Falle des iPhone 4 scheint dieses Problem nur etwas mehr Einfluss zu haben, da die Antennen ausserhalb als Teil des Gehäuses rund um das Gerät herum verlaufen und eben unten links sehr nahe aneinander kommen und man durch gleichzeitiges Berühren beider Antennen die Empfangsstärke negativ beeinflussen kann.
Steve Jobs reagierte relativ rasch auf erste iPhone-4-Benutzer, die in einem Mail an den Apple CEO dieses Problem schilderten. Jobs antwortete am 24. Juni per Mail: man solle das Gerät einfach nicht so in den Händen halten.
Natürlich war dieses «Problem» und Jobs E-Mail-Antwort Zündstoff für genervte iPhone-4-Kunden, Apple-Hasser und aber auch Apples Konkurrenten. Ein Beispiel sei Konkurrent NOKIA. NOKIA machte sofort in einem eigenen Blog darauf aufmerksam, dass man bei ihren eigenen Mobiltelefonen keine Vorschriften erlasse, wie man die Geräte in den Händen zu halten hat. NOKIA zeigte satirisch allerlei Handgriffe wie man ein NOKIA-Mobiltelefon halten kann und fragte ihre Kunden offen, wie denn sie so ihre Mobiltelefone in den Händen halten. Der Schuss ging jedoch nach hinten los, denn es dauerte nicht lange und es tauchten erste Berichte auf, die auch NOKIA-Telefonen eben dieses Problem nachsagten: Je nach dem wie man dieses oder jenes Gerät hält, beeinträchtigt es die Signalstärke ebenfalls äusserst negativ.
Andere schauten sich die offiziellen iPhone-4-Videos von Apple nochmals genauer an und entdecken, dass dort fast alle das iPhone mit dem «Todesgriff» hielten — und taten ihre Entdeckung natürlich mit einem Re-Cut der Apple-Videos im Internet kund.
Technisch gesehen ist das Problem mit den Balken in der Anzeige aber sowieso eine Wissenschaft für sich. Apple räumte in einem offenen Brief Fehler bei der Berechnung und Darstellung der Balken bei (allen) iPhones ein. Jedoch gibt es für die Anzeige der Signalstärke bei Mobiltelefonen weder offizielle Richtwerte pro Balken noch sonstige Standards. Jeder Hersteller kann (und tut) die Anzeige der Balken anders berechnen, deshalb weisen verschiedene Mobiltelefone im gleichen Netz an der gleichen Position zum Teil auch verschiedene Signalstärken aus, ganz einfach weil die Anzeige anders berechnet wird. Der eigentliche Empfang also wäre bei allen Geräten der selbe, aber Berechnung der Signalstärke und deren Anzahl Balken beruht auf verschiedenen Formeln und deshalb ergibt dies eine andere Balken-Anzeige bei gleichem Empfang. Apple soll nun nun an einem Software-Update arbeiten, welches die Anzeige der Signalstärke verbessert.
Einige Experten jedoch bezweifeln dass dies die Probleme mit dem «Todesgriff» beheben könnte. Während sich Apple in den USA bereits mit mehreren Klagen konfrontiert sieht, kann das Problem vorerst mit einer Schutzhülle oder einem «Bumper» ‘gelöst’ werden. Durch die Hüllen berührt man die Antennen nicht mehr direkt, wodurch es auch zu keinen extremen Signalverlusten mehr kommt.
Das Problem ist und bleibt die Tatsache, dass man beim neuen iPhone mit der Haut in direkten, gleichzeitigen Kontakt mit beiden Antennen kommt. Während ein Software-Fix zwar die Probleme mit der Signalanzeige beheben könnte, besteht das wahre Problem eher auf der Hardware-Seite. Apple müsste die Ummantelung gegen Berührungen abschirmen, dann wäre das Problem wohl gelöst. Ob man dies als jetziger iPhone-4-Besitzer mit einer Schutzhülle, einem Klebestreifen oder Nagellack rund um die Berührungsstellen macht oder — was allgemein zu empfehlen wäre — einfach mittels den iPhone-Kopfhörern oder einem Bluetooth-Headset telefoniert, während das Gerät nicht mit der Hand berührt wird, ist jedem selbst überlassen … genau so wie der Entscheid künftiger iPhone-4-Besitzer, ob man das neue Apple Mobiltelefon bereits in der ‘jetzigen Ausgabe’ kaufen möchte (sobald es irgendwann in den nächsten Wochen auch hierzulande auf den Markt kommt) oder aber man zuerst allfällige Design-Änderungen von Apple abwarten möchte.
94 Kommentare
Kommentar von grebe
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Kommentar von anonymous4479
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Kommentar von Stefan Rechsteiner
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Kommentar von grebe
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