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Auf dem Weg in die letzte Schlacht?

Mit Vollgas aus der Nische raus

Für Apple und die Mac-Anwender war 2005 ein aussergewöhnliches Jahr. Es war das Jahr, in dem Apple den Mac mini vorstellte, das Jahr, in dem der iPod mit Videos umzugehen lernte, das Jahr, in dem der iTunes Music Store in die Schweiz kam. 2005 war das erfolgreichste Jahr in der Geschichte von Apple. Es war das Jahr, in dem Apple eine Zweitastenmaus vorstellte und den PowerPC begrub. Ohne Zweifel durchläuft Apple derzeit eine Phase starker Veränderungen. Was wir 2005 gesehen haben, war erst der Anfang. Denn während die Mac-User noch über die Bedeutung des Intel-Switches rätseln, brütet Apple bereits den nächsten Schritt aus. Unser Blick in die Kristallkugel offenbart, dass Apple an einer neuen Strategie arbeitet, die mit dem angekündigten Intel-Switch ihre ersten Schatten vorauswirft. Die jüngsten Gerüchte lassen bereits Bruchstücke von dem erahnen, was uns Mac-Anwender in Zukunft erwartet.

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Werfen wir einen kurzen Blick zurück in die Geschichte des Macs. Als der erste Macintosh 1984 auf den Markt kam, wollte Apple die Welt mit Macs überschwemmen. Apple war der Konkurrenz in technologischer Hinsicht um Lichtjahre voraus. Dennoch kamen die Verkaufszahlen nie richtig in Schwung. Bereits Mitte der 90er-Jahre war klar, dass Apple den PC-Krieg verloren hatte. Angeblich deshalb, weil die Mac-Plattform im Gegensatz zum PC-Markt für Drittanbieter geschlossen war. Für viele überraschend änderte Apple seine Strategie und öffnete 1995 die Plattform für Clone-Hersteller. Es war Apples erster Versuch, aus seiner Nische auszubrechen. Dieser Versuch - wir wissen es - misslang. Doch nun ist die Zeit gekommen, einen neuen Angriff zu starten. Apples Motto der kommenden Jahre wird lauten: Raus aus der Nische!

Steve Jobs konnte sich nie mit dem Gedanken anfreunden, drei oder fünf Prozent des Computermarktes zu besitzen. Steve will 100 Prozent. Er will die unangefochtene Nummer eins sein. Doch als er zu Apple zurückkehrte, gab es dringendere Probleme als den sinkenden Marktanteil. In der Folge betrieb er eine Politik der Abschottung, zum ersten Mal in seiner Geschichte suchte Apple selbst den Weg in die Nische. Apple hielt sich während den letzten Jahren im Hintergrund und hat die Zwischenzeit dazu genutzt, das marode Fundament der Mac-Technik zu erneuern. Damit wurde der Grundstein gelegt, um wieder angreifen zu können. Was wir im Moment erleben, sind die letzten Vorbereitungen auf die für Apple alles entscheidende Schlacht.

Doch wie sieht der Plan im Detail aus? Apple hat erkannt, dass der Weg über die Software gehen muss. Das Geld verdient man zwar mit der Hardware, doch den PC-Krieg gewinnt man nur mit der Software. Hardwaretechnisch ist Apple nicht mehr in der Lage, sich von der Konkurrenz abzusetzen. Seit 20 Jahren nähern sich die Hardware des Mac und die des PCs kontinuierlich an. Nun sollen die letzten Bastionen fallen. Die Abkehr vom PowerPC war nur einer von mehreren Schritten, die Apple vollziehen will. Früher oder später wird Apple die Entwicklung eigener Hauptplatinen und Chipsätze aufgeben. Diese Entscheidung ist schmerzhaft; aber sie ist richtig. Bei neuen Entwicklungen im Boarddesign hinkte Apple in den letzten Jahren immer hinterher - man denke beispielsweise an die Unterstützung von DDR-Speicher oder an die Integration von PCI-Express.
Derzeit kursiert das Gerücht, Apple werde die FireWire-Unterstützung künftig fallen lassen. Das passt genau ins Bild. Die kommenden Mac-Generationen sollen mit den gleichen Anschlüssen versehen sein wie PCs. FireWire konnte sich auf dem Markt gegen USB nicht durchsetzen, deshalb wird Apple in Zukunft nur noch USB verbauen. Für viele Mac-Fans klingt das wie ein apokalyptisches Szenario. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Schmerz meist bereits nach kurzer Zeit überwunden ist. Als Apple NuBus fallen liess und PCI-Macs baute oder als mit dem iMac plötzlich SCSI-Ports und Floppy-Laufwerke verabschiedet wurden, waren die Proteste aus dem Fan-Lager nicht zu überhören. In beiden Fällen erwies sich die Strategie aber als goldrichtig. Wenn Steve Jobs eine neue Technologie einführen will, dann macht er das auf die radikale Art, nämlich indem er die alte Technologie von einem Tag auf den anderen sterben lässt.
In Zukunft werden der Mac und der PC aus den gleichen Komponenten bestehen. Als Apple-Anhänger wird man dem PowerPC und FireWire sicherlich die eine oder andere Träne nachweinen, denn beides sind Technologien, die besonders durchdacht und elegant wirkten. Doch bei Lichte betrachtet wird klar, dass USB keine wesentlichen Nachteile gegenüber FireWire hat. Und auch die Intel-Chips sind den PowerPC-Pendants in Sachen Preis-Leistungsverhältnis mindestens ebenbürtig - schickes Prozessordesign hin oder her.

Apple muss den Kampf über die Software gewinnen. Und hier wartet kein geringerer Gegner als Microsoft. Dennoch sind Apples Chancen mehr als nur intakt. Der technologische Vorsprung von Apple auf Microsoft ist schon jetzt riesig und er wird weiter wachsen. Windows XP - das neueste System aus dem Hause Microsoft - ist über vier Jahre alt. Erst Ende 2006 wird der Nachfolger Vista an den Start gehen. Doch der Versionssprung ist keineswegs so gross wie von Microsoft ursprünglich angekündigt. Ausserdem gehen die meisten Marktforscher davon aus, dass Windows XP noch mindestens fünf Jahre das verbreitetste Windows-System sein wird. Microsofts Standbeine im Softwaregeschäft - Windows und Office - haben bereits zwei Jahrzehnte auf dem Buckel. Im Gegensatz dazu sind fast alle Apple-Programme Neuentwicklungen der letzten Jahre.
Doch Apple hat die vergangenen Jahre nicht nur dazu genutzt, sich einen technologischen Vorteil zu erarbeiten, sondern sie haben sich auch aus den Abhängigkeiten von Microsoft gelöst. Zu OS-9-Zeiten war es selbstverständlich, dass auf jedem Macintosh der Internet Explorer und Microsoft Office installiert waren. Ausserdem liessen sich PCs und Macs nur mithilfe von Microsoft-Software vernetzen. Nun sieht die Situation gänzlich anders aus. Der Internet Explorer ist - auf der Mac-Plattform - längst Geschichte und auch der Stand von Microsoft Office wackelt gewaltig. Keynote avanciert zunehmend zum PowerPoint-Killer, die nächste iWork-Version wird vermutlich den meisten Usern als Büropaket ausreichen. Mit iTunes hat Apple selbst ein trojanisches Pferd in der Windows-Welt platziert. Millionen iPod-Käufer sind davon abhängig, dass Apple iTunes auch in Zukunft für Windows anbietet.

Wenn Apple seine Hardware vollständig den Standards anpasst, werden die Karten im PC-Markt neu gemischt. Apple wird in der Lage sein, ein ähnliches Preis-Leistungsverhältnis wie die PC-Anbieter zu erreichen. Man könnte PC-Zubehör wie Grafikkarten am Mac verwenden. Von aussen würden die Macs nicht anders aussehen als heute, Apples Status als Hersteller von schön gestalteten und durchdachten Computern wäre nicht gefährdet. Aber Apple müsste bei Softwareentwicklungen keine Rücksicht mehr auf die Hardware nehmen.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Steve Jobs genau das will. Der Weg ist nicht mehr weit, möglicherweise verwendet Apple schon bei den allerersten Intel-Macs handelsübliche Platinen.

Vor einigen Tagen tauchte das Gerücht auf, Apple habe die Arbeiten an der Yellowbox für Windows wieder aufgenommen. Die Yellowbox beinhaltet das komplette Cocoa-Framework. PCs mit installierter YellowBox wären also in der Lage, Mac-OS-X-Applikationen auszuführen. Doch wie könnte Apple davon überhaupt profitieren? Es nützt Apple wenig, wenn PC-Anwender Mac-Software verwenden können. Im Gegenteil, es gäbe einen Grund weniger, vom PC auf den Mac zu switchen. Eine YellowBox für Windows ergäbe nur in einem Fall einen Sinn. Dann nämlich, wenn Apple aufs Ganze gehen und Microsofts Stellung ernsthaft angreifen würde. Dann wäre es auf einmal entscheidend, auf welchem System plattformübergreifend programmiert werden kann. Genau das scheint die Marschroute zu sein, die Steve Jobs Apple vorgegeben hat.