Apples unglaubliches Wachstum

Analyse der vierbesten Quartals-Zahlen der Menschheitsgeschichte

Apple hat am Dienstag-Abend die Zahlen des letzten Quartals veröffentlicht. Die Zahlen sind massiv, wobei «massiv» eigentlich untertrieben ist. Eine Firma dieser Grösse sollte eigentlich nicht mehr fähig sein, sein Umsatz im Vorjahresvergleich fast zu verdoppeln. Geradesowenig sollte sie eigentlich nicht dazu fähig sein, den Gewinn ebenfalls zu verdoppeln. Doch genau das hat Apple im letzten Quartal geschafft: Apple machte zwischen Oktober und Dezember 2011 sage und schreibe 46.33 Milliarden US-Dollar Umsatz und strich dabei unglaubliche 13.06 Milliarden US-Dollar Gewinn ein.

Stefan Rechsteiner

Um diese immensen Zahlen etwas in Relation zu setzen:

  • Apples Gewinn ist nur knapp weniger gross als die Gewinne von HP, Dell, Intel und Microsoft … zusammengezählt!
  • Alleine der Quartals-Gewinn von Apple ist so gross wie der ganze Umsatz den Google letztes Quartal gemacht hat. Apples Gewinn ist sogar noch um 33% grösser als Googles Umsatz.
  • Verglichen mit Googles Gewinn fuhr Apple alleine im vergangenen Quartal so viel ein, wie Google im ganzen letzten Jahr.
  • Oder, und das zeigt Apples enormes Wachstum eindrücklich auf: Der Quartals-Gewinn von Apple ist so gross, wie der Umsatz von Apples Sommer-Quartal 2010 — also vor gerade erst ein-einviertel Jahren.
  • Apples immenser Quartals-Gewinn war um 3 Milliarden höher als die gesamten Hollywood-Kinoeinnahmen des ganzen letzten Jahres.
  • Apple erwirtschaftete im letzten Quartal soviel Geld, wie der Konzern aus Cupertino selbst vor acht Jahren nach Marktkapitalisierung Wert war.
  • Apple hat im letzten Quartal mehr als doppelt so viel Umsatz gemacht, wie Erz-Konkurrent Microsoft. Apple hat überdies auch HP beim Umsatz überholt. Nicht nur der Umsatz von Apple ist mittlerweile doppelt so gross wie jener von Microsoft, sondern auch der Gewinn.
  • Durch den gigantischen Gewinn von 13.06 Milliarden US-Dollar hat Apple im letzten Quartal den grössten Gewinn eingefahren, den eine Technologiefirma je verzeichnen konnte. Noch grössere Gewinne konnten nur drei Öl- und Gasfirmen einfahren — dennoch liegt Apple ‘nur’ 3.18 Milliarden US-Dollar unter dem «ersten Platz». Überhaupt ist Apple in dieser Liste der einzige Nicht-Öl-und-Gas-Konzern.

Doch wie kam Apple zu diesem gigantischen Quartal?

Apples Rekord-Ergebnisse sind unter anderem darauf rückzuführen, dass das iPhone, mit seinen guten Margen, mittlerweile über die Hälfte an Apples Umsatz beiträgt. Gute iPhone-Verkäufe bedeuten deshalb auch gute Umsatz- und Gewinnzahlen. Doch nicht nur das iPhone hat zum glamourösen Ergebnis beigetragen, im vergangenen Quartal haben noch andere Faktoren für das Rekord-Ergebnis eine gewichtige Rolle gespielt:

Der weltweite Absatz an PCs stagniert — nicht so jedoch der Mac: er erfreut sich seit Jahren immer steigender Beliebtheit. Die Verkäufe der Macintosh-Computer stiegen so auch im letzten Quartal an — um weitere 26 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Der Mac trug im ersten Fiskalquartal 2012 14 Prozent zu Apples Umsatz bei.

Mit 20% Umsatz-Anteil ist das iPad für Apple bereits nach gerade einmal zwei Jahren nach seiner Lancierung zum zweit-grössten Markt für den Konzern aus Cupertino aufgestiegen. Apple verkaufte mit 15.42 Millionen iPads mehr als doppelt so viele Geräte wie im Vorjahresquartal. Ausserdem ist Apples iPad-Geschäft bereits jetzt grösser als der weltweite Desktop-PC Markt(!!!). Geht es nach Apple, dürfte es nicht mehr lange dauern, und das iPad überholt den gesamten Computer-Markt. Apple hält über 58% Marktanteil bei Tablet-Computern. Auch Konkurrenz-Produkte wie der Kindle Fire von Amazon können dem Apple-Tablet bei den Absatzzahlen nicht das Wasser reichen: Man schätzt, dass Apple drei Mal mehr iPads verkauft hat als Amazon den kosten-günstigen «Kindle Fire». Dies obwohl das iPad doppelt so teuer ist. Apple schlägt ausserdem mehr Profit aus dem iPad als es Amazon tut — beim Kindle Fire schaut für Amazon beim Geräte-Verkauf nämlich ‘kaum etwas’ bis ‘nichts’ heraus.

Apple verkaufte alleine im letzten Quartal 37 Millionen iPhones — Apples bisheriger Rekord, im dritten Quartal des letzten Jahres (April bis Juni 2011), waren 20 Millionen iPhones. Auch im Vorjahr hatte Apple mit 16 Millionen verkaufter iPhones ein Rekord aufgestellt — ein Rekord nicht nur bei der Anzahl verkaufter Apple-Smartphones, sondern auch beim damaligen Umsatz und Gewinn.

Das iPhone hat insbesondere am guten Quartalsergebnis beigetragen, weil vergangenes Jahr die iPhone-Verkäufe einer neuen iPhone-Generation erstmals hauptsächlich ins Q1 fielen. Bisher war Q4 jeweils das Quartal, in dem die neuen iPhone-Generationen lanciert wurden. Zudem handelt es sich bei Apple beim Q1 schliesslich um das «Holiday Quarter», also jenem Quartal mit dem lukrativen Weihnachtsgeschäft.

Kurz: Alle drei grossen Produktlinien von Apple — die zusammen 87% des Umsatzes ausmachen — fuhren im ersten Fiskalquartal 2012 neue Rekorde bei den Verkaufszahlen ein.

… und die iPods? Bei den Musik-/Multimedia-Playern von Apple gehen die Verkaufszahlen seit einigen Quartalen zurück — eine logische Konsequenz da Apple die iPod-Verkäufe mit dem iPhone und iPad selbst ‘kanibalisiert’. Der iPod-Markt trägt mittlerweile ‘nur’ noch 5 Prozent an Apples Umsatz bei.

Dafür ist iTunes mittlerweile fast gleich gross wie der iPod-Markt. Erstaunlich für ein Apple-Segment, das vor nicht all zu langer Zeit noch als Break-Even Geschäft und als Ankurbler für Hardware-Käufe aufgezogen wurde. Übrigens ist der Umsatz, den Apple alleine über die iTunes Stores im letzten Quartal erzielte (2.027 Milliarden US-Dollar), bereits heute grösser als der komplette Gewinn, den Apple noch vor zehn Jahren im gleichen Quartal erwirtschaftete (1.38 Milliarden US-Dollar) — oder ein anderer Vergleich: der iTunes-Umsatz ist jetzt schon grösser als der komplette Quartals-Umsatz von Internet-Urgestein Yahoo.

Um die Sache mit den Verkaufszahlen noch abzuschliessen: Apples Q1/2012 umfasste ausnahmsweise 14 statt 13 Wochen. Eine zusätzliche Verkaufswoche trägt natürlich entsprechend zu etwas höheren Zahlen bei.

Last but not least hat Apple beim iPhone 4S anscheinend eine ausgezeichnete Marge. Die Bruttogewinnspanne stieg gegenüber dem Vorjahr nämlich von 38.5 auf 44.7 Prozent. Wie er an der Quartalszahlen-Konferenz sagte, kann sich Apples Finanzchef (CFO) Peter Oppenheimer nicht daran erinnern, jemals in seiner 15-jährigen Karriere bei Apple eine ähnlich hohe Zahl in der Branche gesehen zu haben.

Cash, Cash, Cash

Auch Apples Barreserven regen immer wieder zu Diskussionen und heissen Gerüchten an: Apple hat derzeit 97.6 Milliarden US-Dollar auf der hohen Kante. Alleine im letzten Jahr sind 38 Milliarden US-Dollar dazu gestossen. CFO Oppenheimer erklärte während der Konferenz, dass 68 Milliarden US-Dollar der knapp 100 Milliarden US-Dollar ausserhalb der USA verwaltet werden, sollte man das Geld also in die USA transferieren müssen, wäre dies mit grossen Kosten (Steuern etc.) verbunden. Nichtsdestotrotz verfügt Apple über knapp 100 Milliarden US-Dollar, die die Firma theoretisch jederzeit einsetzen könnte. Und mit einer solch prall gefüllten «Kriegskasse» kann sich Apple in einer sehr vorteilhaften Position wägen.

Apple überlege sich nun intensiv, was man mit diesem riesigen Geld-Berg anstellen könnte, so der neue Apple CEO Tim Cook.

Während Steve Jobs bei Apple noch am Ruder war, wurde das Barvermögen wann immer möglich gehalten. Die einzigen Investitionen wurden getätigt bei Komponenten-Zukäufe für Apples Produkte oder für ein paar wenige (kleinere) Firmenübernahmen. Jobs war hingegen kein Fan von Aktien-Rückkäufen oder dem Auszahlen von Dividenden an die Aktionäre. Dies könnte sich nun bei Tim Cook ändern. Was Apple schlussendlich mit den immensen Barreserven anfangen wird, weiss heute wohl noch niemand ausserhalb der Apple-Spitze.

Übrigens: Zählt man die 52 grössten Konzerne der Welt nicht mit, sind Apples Barreserven grösser als der Wert aller Firmen dieses Planeten!

Wie geht es nun weiter?

Bestimmt wird Apple im laufenden Quartal keine solch unglaublichen Zahlen mehr erwirtschaften können, wie im vergangenen Quartal. Das ist so gut wie sicher. Das «Jahresanfangs-Quartal» ist meist das Schwächste im Jahresverlauf. Hinzu kommt, dass Q2 wieder ‘normale’ 13 Wochen umspannt, und nicht mehr 14 wie das vergangene Q1/2012.
Laut aktuellen Gerüchten dürfte jedoch noch in diesem Quartal ein neues iPad vorgestellt werden — ob das neue Apple-Tablet dann jedoch bereits in diesem, noch bis Ende März dauernden Quartal, auf den Markt kommt, bleibt abzuwarten.

Die Zukunft dürfte trotzdem sehr rosig aussehen: Für den Sommer wird die nächste iPhone-Generation erwartet. Auch stehen neue Mac-Modelle an. Und letztlich ist Apple immer für einen Coup gut: Gerüchte über ein Einstieg von Apple ins lukrative Fernseh-Geschäft machen ja seit Monaten die Runde. Steve Jobs selbst hatte sich dem Plan verschrieben, den Fernseher-Markt zu revolutionieren.

Apple gibt auch immer mehr für die Forschung aus: Im vergangenen Quartal waren dies 758 Millionen US-Dollar (gegenüber 575 Millionen im Vorjahresquartal). Verglichen mit den Produktionskosten des bisher (mit Abstand) teuersten Filmes «AVATAR», könnte Apple mit diesem Geld alleine in den drei Monaten des vergangenen Quartals drei AVATAR-Filme finanzieren.

Ein letzter, nicht zu unterschätzender Punkt: Der asiatische Markt wuchs noch nicht so fest, wie das viele Analysten im Vorfeld für das letzte Quartal angenommen hatten. Asien war sogar der am wenigsten wachsende Markt für Apple — mit einem Plus von etwas mehr als 50% gegenüber dem Vorjahresquartal. Das bedeutet, dass die immer grösser werdende Nachfrage nach Apple-Produkten in den asiatischen Ländern — allen voran China — erst in den nächsten Monaten erst recht zum Tragen kommen wird.

Apple ist entsprechend zuversichtlich: Finanzchef Peter Oppenheimer erwartet einen Umsatz von 32.5 Milliarden US-Dollar für das laufende Quartal. Das wäre dann das zweitbeste Quartal, das Apple und ein jedes anderes Unternehmen ausserhalb der Öl- und Gasindustrie in der Geschichte der Menschheit je hatte … und Apple schätzt die Quartalszahlen traditionsgemäss sehr zurückhaltend ein. Wir dürfen gespannt sein.

Quartalszahlen von Apple im Überblick
Apples Umsatzzahlen pro Quartals (ab 2006) im Überblick

Quellen: TechCrunch.com, ritholtz.com, TUAW und Wikipedia

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