Apple will ins Wohnzimmer
Eine Revolution ist im Gange
Wenn Apple die Medien-Vertreter zu einem Special-Event einlädt, dann hat das Unternehmen aus Cupertino meistens etwas Revolutionäres zu bieten. Der Event vom vergangenen Dienstag scheint auf den ersten Blick überhaupt nicht in dieses Konzept zu passen. Sowohl der Intel-Mac mini als auch iPod HiFi waren erwartet worden, wenn vielleicht auch in etwas anderer Ausstattung. Revolutionär sind die Produkte eigentlich nicht. Da und dort wurde sogar die berechtige Frage gestellt, wieso Apple überhaupt einen Special Event organisiert hat. Ich glaube, es ging Apple nicht so sehr um den Mac mini oder iPod HiFi als Einzelprodukte, sondern Steve Jobs gab uns einen interessanten Einblick, welche Strategie das Unternehmen in Zukunft verfolgen wird: Apple will ins Wohnzimmer!
Der Mac mini war aufgrund seiner Abmessungen von Beginn weg prädestiniert, die Wohnzimmer für Apple zu erobern. Allerdings verhinderten seine nicht mehr ganz taufrische Systemarchitektur und insbesondere seine uralt Grafikkarte, dass der Mac mini seine Stärken als Wohnzimmer-Multimedia-PC so richtig ausspielen konnte. Durch die neue Intel-Architektur wird die zweite Generation des Kleinsten aller Macs den Aufgaben, die von einem Wohnzimmer-PC erwartet werden, gerecht werden (Solange man keine aktuellen Games spielen möchte). Besonders das besser ausgestattete Modell bietet dank Dual-Core-Prozessor eine wesentlich grössere Rechenleistung als das Vorgänger-Modell. Es wird nun möglich sein, hochauflösendes Video-Material ruckelfrei abzuspielen. Dank Front Row und der Apple Remote verfügt der Mac mini nun von Haus aus über ein “Wohnzimmer-Betriebssystem”. Apple selbst bewirbt den mini nun aktiv als Wohnzimmer-Computer. Dank der neuen Front Row-Version hat sich auch das grösste Manko des Mac mini gelöst: Die kleine und langsam Notebook-Festplatte. Der mini ist also zum Streaming-Client umfunktioniert worden, der Musik, Fotos und Videos abspielt, ohne dass das entsprechende Material auf seiner Festplatte gespeichert werden muss. (Wenn nur Musik und Videos gestreamt werden soll, kann sogar ein Windows-PC als Server dienen - ein wahrlich genialer Schachzug von Apple!) Der Erfolg des mini als Wohnzimmer-PC wird lediglich davon abhängen, ob die potentiellen Kunden bereit sind, $799, bzw. CHF 1’229 für einen Multimedia-Client zu bezahlen. (An dieser Selle sei nochmals erwähnt, dass das günstigerer Modell aufgrund des fehlenden zweiten Prozessorkerns als Multimedia-PC eher nicht in Fragen kommen wird.) Im Gegensatz zum Mac mini der ersten Generation verfügen die neuen Modelle sogar über einen digitalen Ton-Ausgang, mit dem 5.1-Surround-Sound an einen entsprechenden AV-Receiver ausgegeben werden kann. Ein Stand-Alone-DVD-Player wird nicht mehr benötigt.
Doch damit nicht genug, Apple möchte nicht nur mit dem Mac mini die Wohnzimmer erobern, sondern möchte gleichzeitig die gute alte Stereo-Anlage in den Ruhestand schicken. «iPod HiFi» heisst das Zauberwort. Zwar gibt es bereits seit geraumer Zeit Lautsprecher-Systeme für iPods, doch kann nur Apple die Firmware des iPods so anpassen, dass der Kult-Player zur Stereo-Anlage mutiert. Selbstverständlich kann man auch den neuen Mac mini digital mit iPod HiFi verbinden. Apple hat also das Rundum-Sorglos-Paket für das Wohnzimmer erfunden. Das ist die wichtigste Erkenntnis, die ich aus den am Dienstag vorgestellten Neuheiten ziehe.
Die IT-Branche hat zwar schon vor Jahren entdeckt, dass die Zukunft im Wohnzimmer liegt, begonnen hat der Kampf um die gute Stube jedoch erst jetzt. Wieder einmal hat es Apple verstanden, im richtigen Moment auf den noch im Bahnhof stehenden Zug aufzuspringen und ihn in Bewegung zu setzen.
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