Apple hat uns nicht enttäuscht!

Ein grosser Abend

Die Macworld San Francisco 2006 wird uns sicher noch lange in Erinnerung bleiben, nicht etwa wegen der Anzahl neuer Produkte, sondern wegen der Tatsache, dass diese Macworld den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte Apples einläutet. In der Vergangenheit kam es öfters vor, dass zumindest ein Teil der interessierten Mac-User nach einer Keynote enttäuscht war, sei es weil ein Produkt, auf das man so sehr gewartet hat, doch nicht realisiert wurde oder weil man mit der Ausstattung der neuen Macs nicht zufrieden war. Dieses Mal dürfte wohl niemand wirklich enttäuscht worden sein, denn Apple hat die hohen Erwartungen für einmal voll und ganz erfüllt. Schauen wir die Neuerungen etwas genauer an.

Thomas Zaugg

iMac Core Duo

Dass der iMac der erste Intel-basierte Mac werden würde, konnte so nicht erwartet werden, denn aufgrund seines G5-Chips konnte er doch einigermassen mit der Windows-Konkurrenz mithalten, im Gegensatz zu den Macs, die immer noch einen G4 unter der Haube haben. Dennoch macht dieser Schritt Sinn, denn der iMac G5 verkaufte sich sehr gut. Apple hat sich wohl zu Recht gedacht, wieso diesen Erfolg durch das Hinauszögern des Plattformwechsels gefährden? Auch wenn vielen Usern egal sein dürfte, was für ein Prozessor in ihrem iMac steckt, hätte wohl irgendwann die Information, dass Apple demnächst neue, schnellere und zukunftssicherere Chips verbaut, die Runde gemacht. Als Folge davon hätte der Absatz der iMacs stark gelitten. Diejenigen, die sich erst kürzlich einen neuen iMac gekauft haben, dürften wohl nicht mehr so glücklich über ihren Entscheid sein. Auch wenn ihr Gerät noch lange nicht zum alten Eisen gehört, wenn man für das gleiche Geld ein Gerät erhält, dass in der Praxis wohl etwa 50% schneller sein dürfte und auch sonst besser ausgestattet ist (bessere Grafikkarte, DVI-Ausgang mit der Möglichkeit, den Desktop auf den zweiten Monitor zu erweitern) als das Vorgängermodel, dürfte eine gewisse Verärgerung wohl nicht zu vermeiden sein. Apropos gleicher Preis: Leider konnte es Apple wieder einmal nicht unterlassen, die Preise für den Schweizer Markt leicht zu erhöhen, obwohl der Verkaufspreis in den USA unverändert blieb und der Dollar in den vergangenen Monaten sogar wieder etwas an Boden gegenüber dem Schweizer Franken verloren hat. Dennoch kriegt man für CHF 1’949.- einen Computer, der es aufgrund seiner Hard- und Software-Ausstattung wohl mit jedem Produkt aus dem Supermarkt aufnehmen kann.

MacBook Pro

Es ist sicher keine Überraschung, dass die professionelle Notebook-Linie gleich von Beginn weg auf die neue Prozessor-Architektur umgestellt wird. Immerhin dürfte die Tatsache, dass es nicht möglich war ein G5 PowerBook zu produzieren, einer der Hauptgründe für den Wechsel ins Intel-Lager gewesen sein. Wenn man die Ausstattung der neuen High-End-Notebooks ansieht, stellt man erfreut fest, dass Apple zum ersten Mal in den letzten drei, vier Jahren wieder ein Notebook anbieten kann, dass technisch auf dem neuesten Stand ist und im Bezug auf die Leistung fast schon ein Quantensprung gegenüber der letzten G4-Generation darstellt. Das MacBook Pro ist mit Sicherheit das Highlight der diesjährigen Macworld. Der einzige Wermutstropfen ist der happige Preis von CHF 2’999.-, bzw. 3’699.-. Ich warne allerdings, bezüglich des Preises ein vorschnelles Urteil zu fällen, man wird abwarten müssen, wie die Preise vergleichbarer Konkurrenzprodukte ausfallen werden. Eines macht das Macbook Pro deutlich: Apple hat nicht vor, mit Aldi und Co. zu konkurrenzieren. Egal, wie die Preisgestaltung der Konkurrenz ausfallen wird, die MacBooks Pro werden mindestens im oberen Preismittelfeld angesiedelt sein. Vergleicht man das MacBook Pro mit seinem direkten Vorgänger, dem 15-Zoll-PowerBook G4, stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis in jedem Fall, allerdings waren die PowerBooks zuletzt im Bezug auf die Leistung auch nicht mehr konkurrenzfähig und waren eindeutig überteuert.

iLife 06

Wieder einmal ist es Apple gelungen, Gutes noch besser zu machen. Die neuen Programmversionen beinhalten zwar keine absoluten Killer-Features, ihr Funktionsumfang (insbesondere von iPhoto und vor allem iMovie) wurde jedoch deutlich aufgewertet. Der Entscheid, ein «Podcast Studio» in GargeBand einzubauen, zeugt einmal mehr, dass Apple im Moment in Sachen Multimedia einen sehr guten Riecher hat. Zudem wurde mit iWeb ein neues Programm eingeführt, dass zumindest das Potential hat, die Anwendungsbereich der Suite deutlich zu erweitern. Alles in allem ist iLife nach wievor unübertroffen; für CHF 109.- kriegt man ein Programmpaket, das in dieser Form selbst in der Windows-Welt konkurrenzlos dasteht.

iWork 06

iWork war nach meiner Ansicht das Low-Light der Keynote. Im Gegensatz zu iLife sind die Neuerungen in Pages und Keynote eher mager ausgefallen. Schon die Tatsache, dass ein Tabellenkalkulationsprogramm noch immer fehlt, wirft einige Fragen über die Zukunft der Suite auf, sofern das Programm-Paket überhaupt als «Suite» bezeichnet werden kann. Nachdem ich von Pages 1.0 eher enttäuscht wurde, werde ich vorläufig auf die Anschaffung von iWork 06 verzichten und weiterhin auf MS Office setzen. Apropos MS Office, die offizielle Ankündigung, MS werde während (mindestens) weiterer fünf Jahre die Office-Suite weiter entwickeln, wirft auch einige Fragen auf: Wieso verkündet man so etwas überhaupt während einer Keynote? So wichtig dieser Entscheid für die Zukunft der Mac-Plattform auch ist, aus welchem Grund sollte Microsoft auf das Geld der Millionen von Mac-Usern, die aus Kompatibilitätsgründen auf MS Office angewiesen sind, verzichten? Selbst wenn Apple tatsächlich das eine oder andere Prozent Marktanteil auf Kosten von Windows gewinnen sollte, den grössten Gewinn macht MS noch immer (auch unter Windows) mit MS Office. Möglicherweise hat sich Apple Microsfts Entscheid, Office for Mac auch weiterhin zu entwickeln, etwas kosten lassen. Ich denke da beispielsweise an eine Abmachung, dass Apple auf die Entwicklung eines «Office-Killers» verzichten wird. So liesse sich immerhin die fehlende Tabellenkalkulations-Applikation und die eher mageren Neuerungen bei Pages und Keynote erklären. Alles in allem ist iWork noch immer kein Ersatz für Word und Excel.

iPod und iTunes

Für einmal stand das dieses Duo nicht im Mittelpunkt einer «Stevenote». Dies wird immerhin die Gemüter beruhigen, die befürchteten, Apple habe das Schwergewicht vom Mac auf den iPod verlagert. Immerhin konnte Steve Jobs beeindruckende Zahlen vermelden: 14 Millionen verkaufte iPods im Weihnachtsquartal übertrafen sämtliche Erwartungen. Für sich betrachtet sagt diese Zahl noch nicht viel aus, wenn man sie aber in Relation zum Vorjahr stellt, fällt auf, dass Apple dreimal mehr iPods verkauft hat, als im Weihnachtsgeschäft 2004. Seit der Einführung des iPods im Herbst 2001 hat Apple total 42 Millionen iPods abgesetzt, d. h. jeder dritte je verkaufte iPod konnte in den vergangenen drei Monaten an die Frau und an den Mann gebracht werden! Auch vom iTunes Music Store gibt es Erfreuliches zu berichten: Mittlerweile werden pro Tag durchschnittlich drei Millionen Songs über den iTMS abgesetzt. Wir näheren uns mit riesen Schritten der magischen Grenze von einer Milliarde verkaufter Songs, es fehlen nicht einmal mehr 150 Millionen Songs. Aufgrund des aktuellen Tagesdurchschnitts dürfte diese Barriere bereits Ende Februar/Anfang März durchbrochen werden. Apple hätte dann nicht einmal ganz drei Jahre gebraucht, um eine Milliarde Songs zu verkaufen. Die Konkurrenz kann von solchen Zahlen nur träumen und ein Ende des Erfolgs von iPod und iTunes ist nicht in Sicht. Aber halt, da war noch was: Offenbar hat Apple erneut auf die Kritiker gehört und bietet mit der neuen iPod-Fernbedienung mit eingebautem Radioempfänger dem iPod-User nun auch die Möglichkeit, Radio-Programme zu empfangen. Eine schöne, wenn auch nicht weltbewegende Neuerung, zumal es in den USA bereits entsprechende Adapter von Drittherstellern gab. Je nachdem wie gross der Erfolg des neuen Zubehörs ist, könnte die nächste iPod-Generation den Radioempfänger auch gleich eingebaut haben.

Fazit

Das Jahr 2006 hat gut begonnen für Apple und wir harren gespannt der Dinge, die noch kommen werden, insbesondere dürfen wir uns auf die neuen Intel iBooks (oder MacBook mini), die neuen Intel Mac minis und die neuen Intel Power Macs (obwohl die dann wahrscheinlich auch einen neuen Namen kriegen…) freuen. Wenn nicht alles täuscht, wird 2006 für uns Mac-User noch besser werden, als es 2005 schon war.

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