Hetzjagd gegen Tim Cook

In den letzten Tagen geriet Apples CEO Tim Cook immer stärker unter medialen Druck. Vor allem der Fall der Apple-Aktie unter die Marke von 400 US-Dollar sowie die immer stärker werdende Konkurrenz machen die Investoren und einige Kommentatoren nervös.

Der Forbes-Kolumnist Gene Marcial beschrieb in der letzten Woche in einem Artikel, wie einige Führungskräfte bei Apple nach einer neuen Führungsperson mit ausgezeichneten Referenzen und guten technischen Qualifikationen suchen sollen. Diese Information will der Kolumnist von Wall-Street-Analysten erhalten haben, welche gute Kontakte ins Apple-Management pflegen sollen. Diese neue Führungspersönlichkeit soll das Ruder des Konzerns bald übernehmen und Apples Aktienkurs wieder zum Steigflug verhelfen. Ob dieses Gerücht überhaupt stimmt, ist unklar. Es könnte sich auch um ein Mittel von Analysten handeln, um Tim Cook weiter unter Druck zu setzen.
Den Fall des Aktienkurses von Apple verfolgt der Kolumnist mit Sorge. Innerhalb von nur 6 Monaten verlor Apple an der Börse rund 300 Milliarden US-Dollar an Wert.

Dabei übersieht der Kolumnist die Verdienste von Tim Cook. Vor rund drei Monaten verkündete Tim Cook für das Weihnachts-Quartal einen Rekordumsatz von 54.5 Milliarden US-Dollar und den Verkauf von 75 Millionen iOS-Geräten in einem Quartal.
Zudem ist der Aktienkurs trotz des starken Rückgangs der letzten sechs Monate seit dem Amtsantritt von Tim Cook um 12 Prozent gestiegen.

Auch andere Analysten sehen im Rückgang des Aktienkurses ein grosses Problem. Für Rob Enderle ist Tim Cook der Hauptverantwortliche für den Fall des Aktienkurses, was schlussendlich Konsequenzen haben müsse. Für Enderle muss sich Apple wieder auf das Premium-Segment konzentrieren, was bedeuten würde, dass viele Verkaufsstände von Apple in Discountern abgebaut werden müssten.
Hedge-Fund-Manager Doug Kass empfahl via Twitter dem Apple-Management, Tim Cook zu entlassen, damit der Aktienkurs wieder steigen kann. Doug Kass wurde im letzten Februar durch eine AAPL-Kursmanipulation über Twitter bekannt. Kurz vor der Präsentation der Zahlen für das Weihanchts-Quartal verbreitete der Manager das Gerücht über einen bevorstehenden Aktiensplit. Der Aktienkurs stieg daraufhin und der Manager konnte seine Aktien gewinnbringend verkaufen. Die Gerüchte waren allerdings substanzlos, wie der Hedge-Fund-Manager nach der Präsentation der Quartalszahlen verkündete.

Bei ihrer Kritik übersehen die Analysten den Kurssprung, welcher im Jahr 2012 erzielt worden ist. Der Kurs stieg von rund 400 US-Dollar auf bis zu 705 US-Dollar im September 2012.
Was man bei Apple von kurzfristigen Veränderungen des Aktienkurses hält, sagte einmal Steve Jobs an einer Konferenz. Im Jahr 2008 sank der Aktienkurs von fast 200 US-Dollar auf 117 US-Dollar, worauf Steve Jobs meinte, dass man im letzten Jahrzehnt für die Aktionäre eine gute Performance erzielen konnte. Die Aktionäre sollen an Apple glauben, denn im Konzern wisse man, was man tue.

Mark Rogowsky stellte sich nun in einem Forbes-Artikel hinter Tim Cook. Für Rogowsky ist die noch immer hohe Kundenzufriedenheit bei den Apple-Produkten von grosser Wichtigkeit. Zudem konnte Apple beim US-Provider Verizon — der seine Verkaufszahlen bereits letzte Woche bekannt gab — rund 85 Prozent mehr iPhones verkaufen als im Vorjahr, obwohl Verizon 33 Prozent weniger Mobiltelefone verkaufte.
Rogowsky geht von einer baldigen Lancierung eines günstigeren iPhones aus, was die Kundenbasis von Apple noch einmal vergrössern dürfte. Obwohl es schon seit einiger Zeit Gerüchte um ein Budget-iPhone gibt, ist der Launch dieses Gerätes noch keinesfalls gesichert.
Chris Bibey von «Insider Monkey» hebt einige von Tim Cooks Entscheidungen und Qualifikationen positiv hervor. Positiv hervorgehoben wird die Kritikfähigkeit von Tim Cook, seine Erfahrungen in der Zulieferindustrie, sein Engagement in China sowie die Wiedereinführung von Dividenen-Auszahlungen. Der grösste Erfolg von Tim Cook war laut Bibey aber wohl die Lancierung des iPad mini, welches sich bereits nach kurzer Zeit zum Verkaufsschlager entwickelt hat.

Die Kritik an Tim Cook kam bereits im letzten November auf. Zu dieser Zeit veröffentlichte der Autor Dan Lyons einen Artikel über Tim Cook, in welchem er Tim Cook dafür verantwortlich machte, dass Apple nun «von fast jedem» gehasst werde. Vor allem die Apple-Fans seien von Apple enttäuscht und Apple fehle eine nachhaltige Geschäftskultur, wie der Autor kritisierte. Lyons sprach Tim Cook zudem die Führungsrolle ab und nannte ihn einen «farblosen» Manager.
Im letzten Monat relativierte der Autor seine Aussage und nannte die Popularität dieser Neuigkeiten als Hauptmotivation zum Verfassen der Artikel.

Von Patrick Bieri
Veröffentlicht am

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4 Kommentare

Kommentar von antlie

Hetzjagd, Hexenjagd … Ich kann mich nur wundern, wie über Tim Cook hergezogen wird! Dabei macht er aus meiner Sicht alles richtig. Er ist menschlich, hört auf seine Mitarbeiter, sorgt für entspanntes Arbeitsklima (indem er Querulanten rauswirft), ist entscheidungsfreudig.

Hat Steve Jobs das iPhone, das iPad, den iPod erfunden? Natürlich nicht … seine kreativen Köpfe haben das getan (und Jonathan Ive ist nur einer davon). Klar, Steve Jobs Visionen haben Apple angetrieben. Steve Jobs konnte begeistern, mitreissen. Das kann Tim Cook nicht so gut (oder nur “normal” gut; Steve Jobs war ja diesbezüglich einzigartig, ein Genie). Aber das heutige Führungsteam (Tim Cook, Joathan Ive, Phil Schiller, Bob Mansfield, Eddy Cue u.a.) trägt und spinnt die Visionen von Steve Jobs gemeinsam weiter (und ein Team ist typischerweise erfolgreicher als ein Einzelkämpfer).

Es ist zu einer Art Sport geworden, Apple schlecht zu reden. Vermutlich steckt simples Kalkül dahinter. Der Aktienkurs soll gedrückt werden (was erstaunlicherweise auch gelingt), die Schlechtreder wollen tief einsteigen, dann mit erhobenen Finger auf die Vernunft appellieren und auf die Fundamentaldaten von AAPL verweisen, und die Aktie wird wieder nach oben schnellen wie eine losgelassene Spiralfeder.

Was soll’s? So ist eben das Spiel. Ich habe mich jedenfalls wieder mit ein paar Stück günstiger Aktien “AAPL” eingedeckt.

Interessant wäre noch zu wissen: Wenn Apple heute wirklich so grottenschlecht ist, wer ist dann eigentlich gerade überragend gut? Samsung, Google, Intel, Microsoft, Amazon, Facebook? Google mag mich faszinieren, die haben was drauf (und sind innovativ, erfinderisch, eigenständig), Amazon gefällt mich auch (macht aber kaum Gewinn, das KGV ist mit 185.51 unglaublich hoch; Apple hat gemäss Bloomberg gerade mal 9.20), bei Intel sind Könner am Werk, sie leiden aber unter dem PC-Schwund, Microsoft hat mit Win8 etwas Neues versucht und ist gescheitert, Facebook hat ein lächerlich hohes KGV von 1314 (womit wollen die nun eigentlich Geld verdienen?), und Samsung baut coole Geräte (Smartphones, Fernsehgeräte), aber die sind beinahe blind vor Eitelkeit und Selbstüberschätzung (sie halten ihre Gerätepark-Evolution für Revolution).

Kommentar von tomtom

ANALysten sind das grösste Krebsgeschwür unserer Zeit. Ich verstehe nicht, wieso man diese Nichtskönner und Nichtstuer überhaupt wahr nimmt und zitiert. Gäbe es eine Analysten-Aktie wäre die keinen Pfifferling wert. Einen CEO entlassen, damit der Aktienkurs steigt. Wie krank ist dass denn? Apple wurde übrigens schon zu Jobs’ Zeiten gehasst. Es sind nebst den Analysten Medien wie Bild und Blick die die ganze Zeit auf dieser Firma herumhacken. Bei jedem Firlefanz Produkt der Konkurrenz kommt der Satz ‘Ist das der iPhone-Killer’. Stimmungsmache vom Primitivsten. Interessanterweise werden Firmen wie Microsoft ziemlich zurückhaltend kritisiert. Ein Schelm, wer da wirtschaftliche Zusammenhänge sieht.

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