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EU-Richter zwingen Google zum Vergessen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch für Suchmaschinenbetreiber gilt. Bürger in der EU haben nun das Recht, Resultate aus den Suchergebnissen von Google löschen zu lassen. Diese neue Rechtsprechung dürfte auch einen Einfluss auf die Schweiz haben.

Patrick Bieri

Die Rechte auf den Datenschutz, den Persönlichkeitsschutz sowie das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung gelten auch für Google, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem neuen Urteil festgestellt hat. Mit diesem Urteil gewährt der EuGH den Bürgern das Recht, Suchresultate aus einer Google-Recherche entfernen zu lassen. Damit kommt man dem «Recht auf Vergessen», welches schon seit Jahren diskutiert wird, einen bedeutenden Schritt näher.

Das Urteil hat nicht nur Geltung für Google, sondern auch für alle anderen Suchmaschinen, welche die Kriterien des EuGH erfüllen.

Eine Suchmaschine ist mehr als eine Webseite

Die Richter des EuGH begründen ihr Urteil gegen Google mit der Funktion, welche die Suchmaschine im Internet wahrnimmt. Bei einer Suchmaschine handelt es sich nicht um eine einfache Webseite, auf der die Informationen einzeln abgelegt sind. Stattdessen erhält der Nutzer mit einer Suche ein mehr oder weniger detailliertes Benutzerprofil. Die Richter des EuGH sind der Ansicht, dass es dem Suchenden sehr schwer gefallen wäre, alle die Informationen, die er über die Google-Suche erhalten hat, manuell über verschiedene Webseiten zusammenzutragen.

Recht auf Vergessen gilt nicht für alle

Der vom EuGH aufgestellte Grundsatz für das Recht auf Vergessen gilt allerdings nicht universell. So können auch die Informationen aus dem Privatleben einer Person von einem öffentlichen Interesse sein, wenn die betreffende Person eine wichtige Rolle in der Gesellschaft einnimmt. Es gilt zudem weiterhin die Freiheit der Medien, womit die Berichterstattung durch das EuGH-Urteil nicht eingeschränkt wird. Medien können demzufolge auch weiterhin über Vorfälle berichten, die Jahrzehnte zurückliegen und von der betroffenen Person missbilligt werden könnten. Deshalb sorgt das EuGH-Urteil für kein absolutes Recht auf Vergessen.

Googles Gegenargumente verfingen nicht

Gemäss der Argumentation von Google findet die Datenverarbeitung in Kalifornien statt, womit die Datenschutzgesetze der EU nicht anwendbar seien. Das Gericht lehnte diese Argumentation allerdings ab, weil Google denjenigen Rechtsordnungen unterstellt werden soll, wo sich Niederlassungen zum Verkauf von Werbeflächen befinden. Der EuGH entschied auch, dass Google mit der Filterung der Ergebnisse die Daten verarbeitet, womit die Datenschutzgesetze der EU anwendbar sind. Google stellt demnach nicht nur eine Auflistung von Webseiten zusammen, sondern gewichtet die Ergebnisse.

Der EuGh stützt seine Entscheidung auf eine Richtlinie aus dem Jahr 1995. Diese Richtlinie wurde vom Gericht so weiterentwickelt, damit sie im Einklang mit den Grundrechten der EU steht.

Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter: Urteil wird auch Auswirkungen auf Facebook haben

Für den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür stärkt das neue Urteil die Rechte der Nutzer. Seiner Meinung nach wird das Urteil auch in der Schweiz anwendbar sein, weil es sich Google kaum leisten wird, einen datenschutzrechtlichen Sonderfall Schweiz zu kreieren. Allerdings dürfte sich das Bundesgericht kaum auf die Rechtsgrundlage stützen, welche gegen Google angewendet worden ist. Es besteht auch die Möglichkeit, dass das Bundesgericht eine andere Interessenabwägung vornimmt als der EuGH.

Hanspeter Thür gilt als einer der Verfechter für ein Recht auf Vergessen. Es muss seiner Meinung nach möglich sein, nach Jahren nicht mehr täglich auf seine «Jugendsünden» aufmerksam gemacht zu werden.
In Zukunft wird es gemäss dem Datenschützer auch möglich sein, gegen Fotos auf Facebook vorzugehen. Weil gemäss dem Datenschutzbeauftragten viele Bilder ohne das Einverständnis der Nutzer hochgeladen werden, verstösst dies gegen das Recht am eigenen Bild. Mit dem Urteil des EuGH hat man gemäss Thür nun ein Instrument, um auch gegen diese Bilder vorzugehen.

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